Vortrag anlässlich des 40-jährigen Bestehens des DARC OV Naila
von Herbert Hülf, DJ4HH
Dieser Bericht ist allen lebenden und verstorbenen Radioamateuren gewidmet, besonders deren Angehörigen, die es mit uns "EXOTEN" nicht immer leicht hatten.
Liebe Freunde!
In jener Zeit, am Ende des Röhrenzeitalters, als jeder UKW-Funkamateur auf seine mit einem Quarz erzeugte Hausfrequenz stolz war, am Empfänger von 144MHz aufwärts oder von 146MHz abwärts drehte um seine Funkpartner zu suchen, stehende Wellen noch weitgehend unerforscht waren, der Geloso VFO im selbstgebauten Sender sich schon mehrere Jahre mehr oder weniger bewährt hatte, in Langenbach noch das Licht mit dem Hammer ausgemacht wurde, gründeten wir vor 40 Jahren unseren Ortsverein Naila.
Es war nicht so einfach einen Ortsverein zu gründen. Sieben Gründungsmitglieder, davon vier Lizenzinhaber waren nötig. Eine Befürwortung eines Patenvereins an den Distriktsvorsitzenden musste vorliegen.
Gründungsmitglieder waren am 06.01.1964:
†Rudolf Herpich - später DL3IX
†Erich Hofmann, DJ2EG
Max Haas, DJ5IO
Georg Schade, DJ5CR
Wolfgang Pfeiffer, DL3HU
†Heiko Weibrecht, - später DL5NAG
Herbert Hülf - später DJ4HH (ab 01.02.1964)
Die Gründungsbedingungen waren erfüllt.
Patenvereine waren Hof und Selb, vertreten durch Lothar Lange DL9DP und Karl Richter DL3KR.
Am Heiligdreikönigstag nachmittags, erfolgte im damaligen Hotel Kammerer in Naila unter Teilnahme der OM's Lothar und Karl die Gründung.
Nach erfolgter Wahl von Erich DJ2EG als 1. Vorsitzenden, Rudolf Herpich als Stellvertreter und Wolfgang Pfeiffer als Kassier, wurde dann gleich die gute Küche des Hauses Kammerer getestet und für sehr gut,
aber teuer empfunden.
Wir hatten in unserer Hofer Zeit ein gutes Vorbild in Punkto Essen und Trinken im Vorsitzenden und Gourmet Dr. Fritz Hofmann DL6RL †. Nach mehrmaligem Clublokalwechsel haben wir dann eine feste Bleibe im Turnerheim Naila gefunden. Dort waren wir rundum zufrieden und hatten auch genügend Platz für neu hinzu gekommene Mitglieder. In Eigenregie wurde im Keller ein Schulungsraum eingerichtet. Viele freiwillige Stunden wurden dabei von den Mitgliedern, allem voran Rudi Herpich und Adolf Natzheim, geleistet. Nun konnte man den Nachwuchs ausbilden und auch praxisnah an der Clubstation Amateurfunk demonstrieren. Mit viel Mühe, sowie einigem Aufwand wurde eine Amateurfunkausstellung mit mehreren Funkstationen in Betrieb und Selbstbaugeräten im großen Turnsaal des Turnerheims organisiert und den staunenden Besuchern vorgeführt, wie Amateurfunk funktioniert. Der Erfolg war überwältigend und begeisterte das Publikum. Circa 100 Besucher sahen das Spektakel. Durch freiwillige Spenden der Besucher wurde unsere Vereinskasse wieder gut gefüllt. Unter anderem wurde SSB Betrieb mit den USA an einem einfachen, in der Halle gespannten Dipol, vorgeführt! Wir hatten viele Neumitglieder geworben.
Wir hatten auch einige US Amerikaner mit Lizenz in unserem Verein, die sich sehr wohl bei uns gefühlt haben. Hatten sie doch einige Privilegien. Wir konnten dadurch unseren Hausberg, den Döbraberg für Conteste nutzen, Strom und auch die eine oder andere Flasche Whisky bekommen. Gutes Koaxkabel, Bauteile und speziell die damals beste UKW-Eingangsröhre 417A, die für den normalen Geldbeutel fast unerschwinglich war, konnte man in den Tauschpäckchen bei den traditionellen Weihnachtsfeiern finden.
Käufliche Funkgeräte waren fast unerschwinglich, vor allem moderne und gute Geräte aus den USA.
Ein Dollar war ca. 4,50 DM wert. Es wurden zum Teil alte Wehrmachtsgeräte und Geräte der US-amerikanischen Armee verwendet, die jedoch den Ansprüchen der damaligen Funkamateure nicht immer entsprachen.
Aus diesen Gründen war der Selbstbau eine gute Alternative. Die Firma Geloso aus Italien hat u.a. einen
für 5 Bänder konzipierten Steuersender mit ansprechender Skala und verschiedene Einzelbauteile für das PI-Filter der Endstufenröhre 807 zu einem relativ günstigen Preis angeboten. So ein selbstgebauter Sender war meistens in ein "Leistnergehäuse" eingebaut und funktionierte mehr schlecht als recht auf allen KW-Bändern. Man besuchte sich gegenseitig, half beim Bohren, Feilen und Sägen, tauschte Bauteile,
nahm die Geräte in Betrieb und versuchte die Aufgeregtheit mit Alkohol zu kompensieren. Nach kurzer Zeit der stolzen Freude über das Vollbrachte, musste man meistens feststellen, dass man neben dem Amateurfunksender auch gleich einen TVI- und BCI Generator sein Eigen nennen konnte.
Zur damaligen Zeit waren die wenigen Fernsehsender nicht rund um die Uhr zu sehen. Viele Leute hatten auch noch kein Fernsehgerät. Gefunkt wurde dann meistens nach Programmende, so ab Mitternacht, am frühen Morgen oder Vormittags. Funkte man aus diversen Gründen doch zur Fernsehzeit, wurde man von den Hausmitbewohnern oder Nachbarn missmutig oder gar nicht gegrüßt und man wusste Bescheid, das die Bilder das Laufen lernten, schwarz wurden oder ein ästhetisches Moiree vorhanden war.
Es wurden viele Antennengebilde ausprobiert, pauschal gesagt es wurde die "Wunderantenne" gesucht,
aber nie gefunden.
Mehrmals im Jahr haben wir regelmäßig vom Döbraberg und anderen Standorten wie Schlegelheid, Frankenwarte, Steinbacher Wasserturm, Lichtenberger Schloßturm usw. gefunkt.
Man konnte dort weitab der übrigen Zivilisation ungestört seinem Hobby nachgehen. Zelte und Wohnwagen wurden aufgebaut, Fassbier und andere alkoholische Getränke wurden herbeigeschafft.
Mineralwasser war verpönt, es diente bestenfalls zum Frischmachen nach durchfunkter und fast durchzechter Nacht, und zum Zähneputzen. Die Reichweiten auf dem 2m Band waren systembedingt natürlich nicht mit heutigen Entfernungen zu vergleichen. Um so erstaunter und höchsterfreut war man über eine ca. 700km weite Verbindung in AM nach Schweden am frühen Morgen. Die Ausrüstung bestand damals aus einem Sender mit der Endröhre QQE06/40 ca. 60 Watt Ausgangsleistung, Anodenmodulation und war quarzgesteuert, einem "Nogoton" Empfänger bei dem das Systemrauschen sehr deutlich zu hören war.
Ungefähr 30 m nicht allzu verlustarmes Koaxkabel speisten eine durch Rotor drehbare 10 Ele. Yagiantenne. Es wurde AM und CW Betrieb gemacht. Die Stromversorgung wurde mit einem alten DKW Wehrmachtsaggregat so halbwegs sichergestellt. Regelmäßig so zur "Geisterstunde" gab das gute Stück seinen Geist auf. Erst nach ein bis zwei Stunden gutem Zureden und fachlichem Können der "Aggregateure" funktionierte der Zweitakter wieder ohne Probleme und pustete seinen weißblauen Qualm in die dunkle Nacht. Unser Funkfreund Georg DJ5CR hat in liebevoller Arbeit das Aggregat restauriert und modernisiert aber die Zicken auch nicht austreiben können. Da sage jemand Maschinen hätten keine Seele.
Das Contestergebnis wurde dann durch Ausmessen auf den aneinander gereihten Locatorkarten, meist am Fußboden im Wohnzimmer eines OM's, ermittelt. Zwei Mann knieten oder hockten neben den Karten, bewaffnet mit einem Messband oder Meterstab. Ein dritter Mann bewerkstelligte den Eintrag in die Logaufstellung. Bei 100 bis 150 QSOs war das eine Knochenarbeit und dauerte mehrere Stunden. Dies war der weitens unbeliebteste Teil eines Contests. Bei größeren ermittelten Entfernungen gab es zumeist ein lautstarkes Freudengeschrei, das wiederum zu negativen Reaktionen der unbeteiligten, aber anwesenden Familienmitgliedern führte.
Wie gut ist es, dass es die moderne Computerauswertung gibt.
Nun zu einigen Geschichten mit Titeln:
Kaliber 4mm lang!
In guter Erinnerung geblieben ist mir ein Auftritt der "Wildwest-Amateurfunk-Schützengruppe" bei einem Contest am Döbraberg. Nach Wildwestmanier wollte man mit einer kleinkalibrigen Handfeuerwaffe ein Bierfass aufschießen, wie man es in Wildwestfilmen gelegentlich zu sehen bekam. Es wurden mehrere vergebliche Versuche unternommen. Anschließend wurde dann die Zeltplane mit Erfolg durchschossen.
Das Bier musste aber weiterhin mühsam durch den Zapfhahn fließen. Den geflickten Durchschuß konnte man noch Jahrzehnte später am Zelt immer noch sehen und erinnerte die damaligen Helden an das ereignisreiche Geschehen.
Der Unbelehrbare
Einmal bekamen wir hohen Besuch von OM Hofner DL1EL, einem schon in die Jahre gekommenen typischen Hauptlehrer der alten Garde. Er hatte sein kleines Funkgerät, ein Stativ und eine HB9CV Antenne dabei und wollte natürlich die Plattform des Prinz Luitpoldturmes für Funkversuche nutzen. Unseren Hinweis, dass die räumliche Nähe der beiden Antennen, wenn wir senden würden, unter Umständen seinen Eingangstransistor zerstören könnte ignorierte er jedoch. OM Hofner, wie man ihn respektvoll zu nennen pflegte, baute seine Antenne auf, scheuchte die auf der Plattform stehenden Leute mit der Aufforderung "Publikum zur Seite" weg und begann seinen CQ-Ruf. OM Hofner war immer mit einem dunklen Schlapphut und einem hellen Trenchcoat bekleidet. Er hinterlies den Eindruck eines Kriminalbeamten. Die umstehenden Leute lauschten voller Erwartung seines Rufens. Als er nach längerem, in sich gekehrten, CQ-Rufens und den Worten "bitte kommen" seinen Kopf hob, dann in Richtung Fichtelgebirge schaute, hoben die umherstehenden Leute wie auf Kommando ebenfalls leicht ihre Köpfe und schauten, was da kommen sollte. Es kam weder ein Engel durch die Wolken geflogen, noch eine Antwort aus dem Lautsprecher. Das Funkgerät konnte, wie von uns vorrausgesagt, die hohe Eingangsspannung nicht verkraften. OM Hofner baute rasch seine Sachen ab, zog von dannen und wurde zu unseren Contesten nie wieder gesehen.
Jetzt ist wieder Schluß mit Lustig
Nach und nach wurden die eingesetzten Geräte verbessert, durch Transistortechnik auch erheblich verkleinert und durch Batteriebetrieb tragbar gestaltet. Es wurden kleine wärmeunempfindliche Transistor-VFOs verwendet, die in einem dickwandigen Alugehäuse eingebaut waren. Gleichwellenverkehr auf UKW war nun möglich. Die Hausfrequenz hatte endgültig ausgedient. Kleine tragbare Geräte wurden als Fertiggeräte oder als Bausätze angeboten und in diversen Amateurfunkzeitschriften beschrieben. Dem Portabelbetrieb wurde ein ungeahnter Aufschwung bereitet. Die Geräte und zusammensteckbare Antennen hatten bequem im Rucksack platz, hunderte Kleinleistungsstationen konnten sich am "Bayerischer Bergtag" beteiligen. Unter verschiedenen Entbehrungen und striktem Sparkurs wurden dann recht bald auf relativ preiswerte US- oder japanische Funktechnik umgestellt. Die Geräte gab es für Kurzwelle und UKW, konnten SSB, waren gut zu bedienen und betriebssicher. Sie waren empfindlich und stabil, viel kleiner und hatten größere Leistung. Um die relativ hohen Investitionen in unser Hobby zu kaschieren, wurde kurzerhand das Kiloohm als Ersatzbezeichnung für die D Mark eingeführt. Somit hatte man eine unkomplizierte aber relativ sichere Verschlüsselungsmethode gefunden.
Jetzt machte DX-Betrieb auf Kurzwelle sichtlich mehr Spaß. Den regionalen Top-Dxern allen voran
OM H. Krokow DL7BK wurde nachgeeifert. Diplome wurden angestrebt. Die "Marsmenschenmodulation",
wie ewig Gestrige SSB bezeichneten, war im Amateurfunk nicht mehr wegzudenken.
Die C-Lizenz ohne CW-Kenntnisse wurde speziell für die UKW-Amateure eingeführt. Die ersten Relaisstationen auf dem 2m Band waren in Betrieb. FM war in Mode, dank vieler ausgemusterter Taxifunkgeräte die man leicht für unseren Zweck umbauen konnte. Auch in unserem OV haben viele junge Leute die C-Lizenz erworben. Die jungen Leute waren voller Ehrgeiz, haben viel gebastelt und sind dann recht schnell bis in den Gigaherzbereich vorgestoßen. Amateurfunkfernsehen wurde auch aktiviert.
Die UKW- und Mikrowellengruppe um Michael DB6NT und Lorenz DB8NC (später DL6NCI)
wurde gegründet. Der Standort nahe Langenbach stetig ausgebaut, modernisiert und immer wieder dem neuesten technischen Standart angepasst.
Anfang der 70er Jahre hatten wir immer am Sonntag um 10.00h auf 10m unsere Runde im Bereich Hof/Naila. Wir wurden von einer Station 7Q7AF angerufen, die um Aufnahme in unsere Runde bat. Es war unser Sigi DJ4IJ, der für eine Organisation in Afrika Rundfunksender aufbaute. Seit dieser Zeit hatten einige unserer Leute regelmäßig Kontakt zu Sigi auf seinen vielen Einsätzen in der ganzen Welt.
Dieser kurze Bericht beschreibt einige Episoden im OV Naila von der Gründung, bis zum Anfang
der 70er Jahre (bis ca. 1974).
Herbert Hülf,
DJ4HH
10.07.2004