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      Bildstörer in der Nacht

      Bildmustergenerator

      Um nicht missverstanden zu werden: Kriminalität kommt in allen Branchen vor. Hier erzählt sei eine Kriminalstory aus dem Fernsehtechniker-Handwerk. Und ein bisschen ist es auch ein Zeitdokument.

      Um der Radio- und Fernsehtechnischen Werkstatt mehr Aufträge zu beschaffen, braucht es was? Natürlich gestörte, also zu reparierende Geräte. Diese am liebsten mit klarem Fehlerbild, sodass die Reparatur leichtfallen wird. Wie die Jungs auf den nachfolgend geschilderten Einfall zur Arbeitsbeschaffung gekommen sind, weiß ich nicht. Die technischen Voraussetzung waren jedenfalls folgende:

      Wir befinden uns Anfang der 70er Jahre. In jede Fernsehwerkstatt wurden Geräte eingeliefert, die nicht durch einfachen Röhrentausch gleich beim Kunden repariert werden konnten. Manchmal gab es auch bekannte Serienfehler, die „im Wohnzimmer“ behoben werden konnten, etwa defekte Kondensatoren des Herstellers WIMA. Also gab es typischerweise vier Reparaturplätze in der Werkstatt. Die 1970er Jahre waren noch die Ära, wo Fehler systematisch gesucht wurden. Der Lötkolben sowie ein „Multimeter“ (spaßeshalber „Zappelmax“ genannt) waren die wichtigsten Werkzeug. Auch klebte in der Rückwand der Fernseher ein Schaltplan mit Signaldiagrammen oder Spannungswerten zur leichteren Fehlersuche. Am Platz des Meister gab es eine Reihe von Messgeräten, die sogar geeignet waren, Filter neu abzugleichen. Dort stand natürlich auch ein Bildmustergenerator. Jener wird weiter unten noch eine wichtige Rolle spielen. 

      In Deutschland ergab es sich um die Zeit, dass langsam ein Vollprogramm, d.h. ein 24-Stunden-Programm ausgestrahlt wurde. Somit stand tagsüber nicht immer ein zum Einstellen der Bildgeometrie geeignetes Testbild von der Antenne her zur Verfügung. Außer dem Antennensignal für die Reparatur von Tunern war also der besagte Bildmustergenerator mit integriertem HF-Sender nötig.

      Kurz zur Dachantenne: Der Empfangspegel von dieser wurde durch einen Verstärker so angehoben, dass sowohl die vier Arbeitsplätze in der Werkstatt als auch noch eine größere Zahl von Vorführgeräten im Verkaufsraum gut versorgt wurden. Es spielten sowohl der Verstärker als auch der erwähnte Bildmustergenerator im kriminellen Szenario ihre wichtige Rolle. Sie waren die Protagonisten.

      Der Generator lieferte nicht nur ein BAS-Signal (Video), sondern – wichtig - er enthielt auch einen HF-Sender, dem verschiedene Bildmuster annähernd Norm gerecht aufmoduliert wurden. Das Ausgangssignal konnte dem Antenneneingang eines jeden Fernseher zugeführt werden, etwa dann, wenn kein Testbild vom Programmsender ausgestrahlt wurde. Was nun folgt, ist kein Schabernack, sondern echt kriminell. Der HF-Verstärker zur Verteilung des Antennensignals hin zu den Fernsehern wurde kurzerhand umgedreht, also für eine Signalverstärkung, jetzt aber in Richtung Dachantenne! Als Signalgeber diente der HF-Ausgang des Bildmustergenerators. Diese Konfiguration war eine Nacht lang in Betrieb. Muss ich mehr erzählen, wie sich das auswirkte?

       

      Am Morgen danach klingelte zigmal das Telefon. Es meldete sich Kundschaft und klagte über Bildstörungen im Abendprogramm – vom unschönen Moiré bis zum Totalausfall. Logischerweise meldeten sich nur Kunden innerhalb der Empfangskeule – jetzt Sendekeule - der Yagi-Antenne.  „Also in diesem schwierigen Fall, können wir jetzt schon sagen, dass Ihr Gerät in die Werkstatt muss.“ So etwa könnte die Konversation gelautet haben. Denn vor Ort beim Kunden wäre ja nichts zu sehen und zu reparieren gewesen. Schließlich war die „Konfiguration“ in der Werkstatt längst wieder richtig herumgedreht...

      Quelle: Klaus Welter, DH6MAV, Hofstetten-Hagenheim

       

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