Einige Hintergrundinformationen:
Die digitale Signalverarbeitung per Software ist heute der allgemein akzeptierte Standard bei der Decodierung und Erzeugung von Funksignalen. Kommerzielle Dienste nutzen diese Technik schon seit langem und auch aus dem Amateurfunk ist SDR heute nicht mehr wegzudenken.
Prof. Dr.-Ing. habil. Ulrich L. Rohde, DJ2LR / N1UL beschrieb erstmals im Februar 1985 in einem Kongressbeitrag auf der "Third International Conference on HF Communication Systems and Techniques" in London Grundlagen und Perspektiven der digitalen Signalverarbeitung (geheim).
DJ2LR, Mitglied im DARC Ortsverband München-Süd (C18), gilt somit als einer der Pioniere der SDR-Technik vor 35 Jahren. Um 1970 war DJ2LR bei AEG/Telefunken in Ulm als Leiter der militärischen Geräteentwicklung u.a. verantwortlich für die Entwicklung des AEG 6861 Manpack.
Zu meiner Funkaktivität:
Ich, Frank, DJ2FR, bin schon seit vielen Jahren mit Begeisterung dabei die neue SDR Technologie in vielen kleinen Bauprojekten zu entdecken. Es fasziniert mich, wie es möglich ist, sehr aufwändige analoge Verfahren in die Software moderner Rechensysteme zu transformieren. Ebenso die Flexibilität und die jederzeitige Möglichkeit ein bestehendes funktechnisches Gerät neu zu konfigurieren und weiter zu entwickeln.
Ich freue mich an der grafischen Darstellung ganzer Frequenzbänder auf dem PC-Bildschirm und an der Vielzahl möglicher decodierbarer Betriebsarten. Im DARC-Ortsverband C06 haben wir das Thema SDR bereits sehr lange im Visier , wir haben in Gemeinschaft Lima-SDRs gebaut und uns ausgiebig mit Anwendungen rund um den RTL-Stick beschäftigt. Ich habe eine ganze Reihe Vorträge zur SDR Technologie gehalten und versucht, diese spannende Technologie bekannt zu machen.
Der Funkbetrieb über QO-100:
Für viele begeisterte Funkamateure stand das Jahr 2019 ganz im Zeichen von Amsat QO-100 auf Es´hail Sat 2 , unserem ersten stationären Amateurfunksatellit. Im Ortsverband haben wir uns sehr intensiv mit dieser völlig neuen Möglichkeit des Amateurfunks beschäftigt. In Vorträgen und einem Workshop machten wir uns mit der notwendigen Sende-/Empfangstechnik vertraut. Michael, DL4MDI, entwickelte einen hochmodernen Up-Converter. Wir haben Antennen, Transverter und Leistungsendstufen gebaut. So sind vier komplette Systeme zur Arbeit über QO-100 entstanden. Um den Empfang allen interessierten Funkamateuren zu ermöglichen, haben wir einen WebSDR, www.dk0od.de/satsdr, auf unserem Fernmeldeturm in Schmarnzell errichtet.
Also, was lag näher, als das wunderbare Sondercall DL35SDR mit meinem Sat-Equipment „ON AIR“ zu bringen.
Geräte zum Senden:
Yaesu FT-991
Up-Converter von 70 cm auf 2.4 GHz (DL4MDI)
Leistungsverstärker ca 20 Watt (nach einem Projekt von DJ0ABR, DC1RJJ) Helix Antenne (nach DL3JIN) ca. 17 dBi
Geräte zum Empfang (installiert auf Fernmeldeturm Schmarnzell, DB0DAH):
Sat-Antenne 80 cm
Octagon LNB , umgebaut mit TCXO zur Frequenzstabilisierung
RTL-Stick
Raspberry 3b+ mit Software: OpenWebRX
Übertragung im Hamnet
Darstellung auf Home PC mit Ubuntu Linux
Der Funkbetrieb:
Ich konnte das Sondercall von Freitag, 31. Januar bis zum Sonntag 02. Februar nutzen.
Also ging es gleich nach dem QRL am Freitag auf´s Band. Ich war wahnsinnig gespannt, wie die Resonanz auf QO-100 denn so sein würde. Die ersten CQ Rufe waren etwas holprig. So richtig flüssig ging das Neue Call noch nicht von der Zunge, dazu im Hinterkopf das eigenen, eingebrannte Call, welches sich stets nach vorne drängeln wollte. Das Wasserfalldiagramm zeigte eine gute Bandbelegung und so meldeten sich bald, beginnend mit Rolf, DK5WT, die ersten Stationen. Bereits das zweite QSO ging nach Namibia, zu Derek, V51DM.
Was jetzt folgte, kannte ich nicht.
Ein QSO folgte dem anderen, eine neue Erfahrung. Ein PileUp auf QO-100.
Nach 13 QSOs brauchte ich erst mal eine Pause.
Ich arbeitete ja nicht nur die QSOs im Conteststil ab, sondern gab stets Informationen zum Hintergrund des Sondercall.
Ich schrieb an Martin, es läuft wie geschmiert und DL35SDR könnte auch über Satellit zum Erfolg werden.
Also weiter.
Einige Stationen berichteten, das sie bereits die Neumayer-Station , welche seit wenigen Tagen aus der Antarktis QRV ist,
hier auf dem Schmalband Transponder arbeiten konnten. Allerdings in einem mächtigen PileUp. Dort ist natürlich nur der Austausch der Rapporte möglich.
Ich konnte feststellen, dass sich viele Stationen vor dem Anruf über DL35SDR auf QRZ.COM Information zum Sondercall holten. Ich erhielt sehr viel positive Rückmeldungen zu unserer Funkinitiative. Einige Old Man erinnerten sich sehr gerne an ihre eigenen Experimente mit Software Defined Radios, und berichteten mir von ihren Erlebnissen. Ebenso konnte ich viele interessante Stationsbeschreibungen entgegennehmen. Ganz ohne SDR Technik arbeitet wohl kaum jemand über den Satelliten.
Dann, um 21:42 Uhr UTC meldete sich Felix, DL5XL, auf meinen CQ Ruf mit einem hervorragend sauberen, deutlichen und kräftigem Signal mit dem Rufzeichen DP0GVN aus der Antarktis. Rapporte wurden ausgetauscht. 5 und 9, was sonst.
Und es fand sich Zeit für ein interessantes Gespräch. Felix berichtete mir von seinen Funkaktivitäten und den metereologischen Bedinungen vor Ort. Es ist gerade Sommer und schön warm. Minus 5 Grad. Kaum Wind und Sonnenschein. Felix ist noch bis Mitte Februar auf der Station, derzeit weist er Roman, HB9HCF, in die Station ein. Er wird dann den Funkbetrieb, auch über QO-100, übernehmen.
Den Samstag, Vormittag bis späten Nachmittag, habe ich einer SOTA Aktivierung des Brunschkopf, OE/TI-657 bei Seefeld in Tirol gewidtmet. Eine tolle Wanderung zum tief verschneiten Gipfel bei 1510 Meter Höhe. Ein atemberaubender Ausblick und erfolgreiche Funkkontakte im 20 und 30 Meter Band. Ein schöner Ausgleich zum Satellitenfunkbetrieb im Shack.
Abends QO-100. Und wieder sehr erfolgreich. Natürlich sind nur begrenzt Stationen QRV. Dennoch brauche ich nicht lange rufen.
Ein Gedanke geht mir durch den Kopf. Könnte ich die 100 QSO-Marke erreichen? Eine kleine Reserve hätte ich ja noch. Das sind die Betriebsarten Telegrafie und FT8.
Sonntag Vormittag geht es weiter.
Um 07:00 Uhr, der Transponder ist wie leergefegt. Die Baken an den Bandgrenzen sagen mir, der Sat ist noch an Ort und Stelle. Gegen 08:00 Uhr erste Lebenszeichen. CW und FT8 gehen fast nicht, also wieder SSB. Da findet immer wieder eine Station ins Log.
Ein Sked mit meinem Funkfreund Wolfgang, DL4MHA, aus dem eigenen Ortsverband funktionierte tadellos in CW und SSB. Man hätte sich natürlich auch mit dem Handfunkgerät auf dem OV-Kanal treffen können. Für ein QRB von 9 km einen Umweg von 70.000 km zu machen, ist manchem Nicht-Funkamateur schwer zu erklären.
Nachmittag ist Tochter-Time. Sie freut sich auf ein Abenteuer in der Kletterhalle. Ich auch. Nach 10 Routen in der Senkrechten sind zwar die Arme schlapp, aber für weitere schöne QSOs ist die Stimme kräftig genug.
Und in CW und FT8 tut sich etwas. Wenn dort erst mal einer anfängt, zieht es einige andere Stationen an und es fängt an Spass zu machen. So konnte ich Brasilien in CW erreichen.
Spät am Abend schaltete ich die Station ab. In meinem Kopf drehte sich die Endlosschleife „CQ de DL35SDR“ noch eine ganze Weile weiter.
110 QSOs stehen im Log. 110 QSL Karten werden bald die QSL-Vermittlung in Baunatal erreichen.
Ein deutscher Empfangsamateur, DE2TRF, hat ein Teil meiner Aktivität aufgezeichnet:
https://youtu.be/epkGkdobI7I
Die Aktivierung des Sondercall DL35SDR hat mir sehr viel Freude gemacht.
Vielleicht habt ihr ja auch Interesse daran. Martin df3mc(at)t-online.de nimmt eure Anmeldung bestimmt sehr gerne entgegen.
Vy 73 , wir hören uns.
DJ2FR, Frank
Das Sondercall kann natürlich auf allen Bändern und in allen Betriebsarten aktiviert werden. Von KW bis UKW, von CW bis SSB. In einer kleineren oder größeren Aktivität.