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Abenteuer Mittelwelle
Bild 1: NDR-MW-Rundfunksender in Hamburg, Billstedt. Foto: DF2LS
Abenteuer Mittelwelle
Im Jahr 2012 wurde den deutschen Funkamateuren ein schmaler Sektor im Mittelwellenbereich zugewiesen. Es wird gezeigt, wie man mit einer einfachen Modifikation eines älteren TRX (IC 725) und einer auf den Mittelwellenbereich durch eine Ladespule angepassten 25m langen L-Antenne qrv wird.
Erste Betriebserfahrungen mit WSPR belegen, dass mit einer ziemlich bescheidenen Ausrüstung Funkbetrieb im Raum Europa möglich ist.
Keywords: Modificated IC 725 with approx. 40 W on Medium Wave band, L-antenna with loading coil made of Amidon cores, first experiences on Medium Wave with WSPR
Mit der der im Amtsblatt 11/2012 der Bundesnetzagentur vom 13. 6. 12 veröffentlichten Mitteilung 386/12 wurden den Funkamateuren im Jahr 2012 der Betrieb auf Mittelwelle im Frequenzbereich 472 bis 479 kHz zugewiesen. Erlaubt sind ausschließlich schmalbandige Betriebsarten mit maximal 800 kHz Bandbreite wie z. B. CW und schmalbandige digitale Betriebsarten wie PSK 31 und WSPR und einer Sendeleistung von 1 W ERP.
Die Mittelwelle weckt bei den Älteren von uns positive Erinnerungen an Radio Luxemburg auf 1440 kHz oder die so genannten Piratensender wie Radio Caroline vor der englischen Küste bei Essex auf 1520 kHz. Dies waren die einzigen Sender, die Mitteleuropa und Deutschland in den 1960-er und 1970-er Jahren mit aktueller Popmusik versorgten. Die öffentlich rechtlichen Sendeanstalten von der ARD hatten damals leider nur wenig zu bieten für die Jüngeren.
Andererseits erinnert man sich auch mit Schaudern an die schlechte Tonqualität zu Abend- und Nachtzeiten, wenn weiter entfernte Sender auf Grund besserer Ausbreitungsbedingungen nach Sonnenuntergang „durchschlugen“ und den Musikgenuss zunichte machten.
Und die erforderlichen Antennen für Mittelwelle sind riesig. Die allseits bekannten Antennengebilde mit 100 bis 300 m Höhe sind mit amateurmäßigen Mitteln nicht zu erreichen, denkt man!
Dass es dennoch geht und wie man es anfängt, soll dieser Beitrag zeigen.
Empfangstechnik
Im Amateurfunk wird die Mittelwelle schon längere Zeit einigermaßen stiefmütterlich behandelt. Abgesehen von der SDR-Technologie gibt es zwar analoge Transceiver auf dem Markt mit durchgehendem Empfangsbereich von ca. 100 kHz bis 30 MHz, im LW- und MW-Bereich lässt aber meist die Empfindlichkeit zu wünschen übrig. Also ist Selbstbau angesagt oder man geht einen anderen Weg und schaut sich bei den meist schon verstaubten Oldtimern um.
Zu meinem Glück habe ich noch einen in die Jahre gekommenen aber immer noch funktionstüchtigen IC 725 von ICOM mit durchgehendem Empfangsbereich von 30 kHz bis 33 MHz und den üblichen Bändern 160m bis 10 m für Sendebetrieb.
Ein kurzer Test im neuen MW-Amateurband zeigt, dass man mit dem IC 725 empfangsseitig ganz gut zurechtkommt.
Zwei NDBs (Non Directional Beacon), also Flugfunkbaken aus Polen konnten auf Anhieb teilweise auch tagsüber mit guten Signalen aufgenommen werden.
Das S-Meter des IC 725 ist aber im MW-Band ohne Modifikation ein wenig ungenau, ein S 9 Signal (definitionsgemäß 50 µV an 50 Ohm) wird mit S 7 bis S 8 angezeigt. Aber ich glaube diese Ungenauigkeit kann man bei einem so alten Empfängerkonzept verschmerzen.
Sendetechnik
Der IC 725 kann werksseitig ab dem 160 m Band bis 100 W Sendeleistung abgeben, Unter 1400 kHz ist der Transceiver durch entsprechende Hochpassfilter für den Sendebetrieb abgeregelt.
Eine kurze Internetrecherche (1)(2) ergab, dass sich der IC 725 wie sein fast baugleicher größerer „Bruder“ Bruder IC 735 ohne großen Aufwand für MW-Betrieb umrüsten lässt.
Es sind lediglich 3 Kondensatoren auszuwechseln und eine Spule kurzzuschließen, also wirklich ein überschaubarer Aufwand, um mit dem IC 725 oder IC 735 auf Mittelwelle qrv zu werden.
Nach diesem Eingriff verfügt der IC 725 im MW-Band über ca. 30 bis 40 W Sendeleistung.
Zur notwendigen Unterdrückung von Oberwellen ist noch ein Tiefpassfilter nach Chebyshev nachgeschaltet.
Die Filterberechnung gestaltet sich recht einfach. WA4DSY hat dazu ein sehr leicht zu bedienendes Programmpaket ins Internet gestellt (3).
Nach Eingabe des Filtertyps, hier „lowpass“, Anzahl der Filterstufen, hier „3 poles“, der so genannten Cut off Frequenz in kHz, hier 750 kHz, und der Angabe der Filterimpedanz, hier 50 Ohm, berechnet die kleine Programmroutine die Werte für die Kondensatoren und die Spule nach den Formeln von Butterworth, Chebyshev und Bessel und gibt dazu noch die zu erwartenden Filterkurven aus.
Ich habe mich für ein Tiefpassfilter nach Chebyshev entschieden, da dieses bei der ersten Harmonischen die größte Filtertiefe aufweist. Nachteilig beim Chebyshev-Filter ist allerdings die geringe Dämpfung von ca. 0,8 dB im Durchlassbereich.
Das Ganze wurde in einen ausgedienten und für MW-Betrieb umgebauten Antennentuner von MFJ (MFJ-945D) eingebaut. Erstaunlicherweise ist das im MFJ-Tuner eingebaute SWR-Meter auch im MW-Band noch voll funktionsfähig. Die Details zum Umbau des MFJ-Tuners folgen in einem späteren Beitrag.
Antenne
Wie eingangs schon angesprochen, stellt eine einigermaßen leistungsfähige Antenne für den Mittelwellenbetrieb das größte Problem dar.
Rein rechnerisch hätte ein l/4 Strahler eine Länge von 157,5 m, also ziemlich illusorisch für die Platzverhältnisse eines „normalen“ OM.
Aus der einschlägigen Antennenliteratur ist zu entnehmen, dass für Mittelwelle flach abstrahlende Vertikalstrahler aufgrund der besonderen Ausbreitungsverhältnisse über die Bodenwelle und nachts zunehmend auch Raumwelle zu bevorzugen sind.
Als Bewohner der Küstenregion erinnert man sich an die Antennenanlagen der kleinen Krabbenkutter und Kümos (zu deutsch Küstenmotorschiffe), die für Grenzwelle, also 500 kHz, fast immer mit relativ kurzen L-Antennen ausgerüstet sind. Auch wieder aus der Antennenliteratur ist bekannt, dass die L-Antenne auf den Low-Bands hauptsächlich mit dem vertikalen Ast strahlt und der horizontale Ast lediglich als kapazitive Verlängerung fungiert. Gesagt, getan wurde eine 20 m lange L-Antenne aufgebaut.
Die genauen Ortsdaten dieser Antenne sind wie folgt:
Aufbauhöhe: 7 m
Vertikale Länge: 5 m, Einspeisung am Wohnhaus in 2 m Höhe
Horizontale Länge: 20 m
Ausrichtung: Ost - West
Umgebung: Wohnhaus in unmittelbarer Nähe und weitere Bebauung mit Einfamilienhäuser in 10er Meter Abstand
Als Gegengewicht dieser Antenne fungiert ein ca. 2 m langer Staberder und ein ca. 20 m langes Radial, das ca. 30 bis 40 cm im Boden eingegraben ist. Die Antenne hat bezogen auf das beschriebene Gegengewicht eine Kapazität von 180 bis 190 pF.
Um diese viel zu kurze Antenne im Mittelwellenband in Resonanz zu bekommen, braucht man eine Verlängerungsspule. Zur Berechnung dieser Spule bedarf es einiger Rechenarbeit, die einem das Programm „mini Ringkern-Rechner 1.2„ von DL5SWB (4) freundlicherweise abnimmt.
Mit dem Subprogramm „Tools/Schwingkreis“ lässt sich die erforderliche Induktivität leicht bestimmen. Als Grundlage dieses Programmes fungiert die Thomsonśche Schwingungsgleichung in Umformungen für Frequenz, Kapazität und Induktivität.
Nach der Eingabe der erforderlichen Daten für Kapazität - hier 185 pF - und Frequenz - hier 474 kHz - errechnet sich für die Ladespule eine Induktivität von 609 µH.
Zunächst habe ich diese Ladespule als so genannte Luftspule auf grauem 100-er Abwasserrohr und isoliertem Lautsprecherkabel von 2 mm Durchmesser aufgebaut. Ich musste aber leider feststellen, dass die Induktivität dieses Gebilde bei Feuchtigkeit erheblich schwankte und die Antenne somit sehr schnell aus der Resonanz war. Zudem war diese Ladespule nicht besonders schön anzusehen.
Auf den Hinweis meines Funkfreundes Tobias, DG3LV, der sich mit dem Thema Mittelwelle schon längere Zeit auseinandergesetzt hatte, habe ich die Ladespule mit 3 großen T200/2 und einem kleineren T106/2 von Amidon aufgebaut. Diese wesentliche kleinere Einheit passt in ein 50-er Abwasserrohr mit entsprechenden Kappen und ist somit wasserdicht.
Beim Bewickeln der Kerne nach Angaben des „mini Ringkern-Rechner 1.2„ musste ich feststellen, dass ich die Induktivität durch Dehnen oder Quetschen Windungen auf dem Amidonkern in gewissen Grenzen variieren lässt. Einen interessanten Beitrag zu diesem Thema hat HB9ANE (5) verfasst.
Bild 2: Schaltbare Ladespule mit 4 Amidon Ringkernen Foto: DF2LS
Mit einem einpolig schaltenden Drehschalter von Fa. Lorlin, erhältlich bei Conrad und Reichelt, kann man die Induktivität der Spule über einen größeren Bereich anpassen.
Dies war erforderlich, da die Antenne doch sehr schmalbandig ist und sich der Resonanzpunkt der Antenne bei längerem Regenwetter um einige kHz deutlich verschiebt.
Betriebserfahrungen
Schaltet man den Empfänger hier im Raum Hamburg im 630 m Band ein, stellt man verwundert fest, dass hier doch überraschend viel los ist. Tagsüber seltener, aber nachts fast immer sind die beiden NDB Baken mit der CW-Kennung BIA und SA zu empfangen.
Die starke (S2 bis S7) BIA-Bake auf 474 kHz steht in Rzeszow ca. 150 km östlich Krakow in Südostpolen und die etwas schwächere (S1 bis S3) SA-Bake kommt aus Darlowo nahe der Ostsee, ca 100 km westlich Gdansk.
Im Bereich von 472 bis 474 kHz findet man nachts regelmäßig einige CW-Stationen aus dem mitteleuropäischen Raum mit guter Signalstärke.
Auf 474,2 kHz ist WSPR-Betrieb anzutreffen. Im Winter und nachts ist hier ganz Europa vertreten. Mein persönliches ODX sind Stationen aus Finnland , Distanz 1600 bis 1700 km.
Besonders interessant sind Verbindungen über die Bodenwelle. Tests mit Tobias, DG3LV, der ca 25 km entfernt von mir wohnt, haben gezeigt, dass mit ca. 400 mW Output eine Signalstärke von ca. 40 dB über Rauschen zu erreichen sind. Bei einer SWL-Station in der Nordheide (Distanz ca. 125 km) erzeuge ich noch ein Signal mit ca. 20 dB über Rauschen.
Noch ein Hinweis zum Output meiner MW-Station. Da mir keine entsprechenden Messmittel zu Verfügung stehen, habe ich versucht, rechnerisch diese Frage zu klären.
Nach Janzen (5) lautet die Formel für den Strahlungswiderstand einer kurzen Monopol-Antenne:
Rs = 40 Ω* (1 –1,32 (l / λ)2 ) * tan2 (ϖ* l / λ)
Mit den Werten dieser Antenne ergibt sich:
Rs = 40 Ω* (1 –1,32(25/633)2 ) * tan2 (ϖ*25/633) = 0,620 Ω
Damit errechnet sich ein Wirkungsgrad η = Rs/Rges
Vorgenannte Werten eingesetzt:
η = 0,620 / 37 = 0,0167
Bei einer Inputleistung von ca. 25 W werden somit ca. 420 mW im Mittelwellenbereich abgestrahlt.
Hinweis zur Umbauanleitung des IC 725
Ich weise an dieser Stelle darauf hin, dass ich auf keinen Fall für mögliche Schäden aufkomme, die aus der Modifikation des IC725 nach (1) und (2) begründet sind.
Literatur
1: Rauh. E: IC-735 für das 630-m-Band fit machen. DL1FY, CQ-DL 12/2012, S. 869-871
2: Lipkowski. J.:Modifying an IC735 for the 630m band.SQ5BPF <sq5bpf@lipkowski.org>
3: www.wa4dsy.net/filter/filterdesign.html
4. http://www.dl5swb.de:mini Ringkern-Rechner 1.2
5. www.uska.ch/uploads/media/HBradio_12-02.pdf
6. Janzen, Gerd: Kurze Antennen:Entwurf u. Berechnung verkürzter Sende- u.
Empfangsantennen.- Stuttgart: Franckh, 1986