Messung der Verstärkung bei JFet-Transistoren

Autor: Erik Beckers, DL2KEB


Die Herausforderung (bzw. das Problem):

Bei der Durchführung meines Black Forest Bauprojektes kam ich an einen Punkt, dass trotz intensiver Bemühungen keine Verbesserungen des Empfängers mehr möglich war. Der Sender arbeitete ebenfalls nicht zufriedenstellend, d.h. er erreichte nicht die vom Entwickler angegebene Ausgangsleistung. Mein Funkfreund Nick, PA2NJC, gab mir den Tip, einmal die verwendeten Halbleiter, sprich Transistoren zu überprüfen. Bisher glaubte ich immer, ein bestimmter Transistortyp habe ganz bestimmte, in sehr engen Grenzen gesteckte Parameter, und man müsse immer beim Aufbau einer Schaltung genau den angegebenen Transistortypen verwenden. Doch das stimmt nicht, wie der entsprechende Versuch zeigt. Eine sehr gute Einführung in diese Thematik, die speziell auf JFets und MOSFets anwendbar ist, stellt das JFet Biasing Tutorial von Wes Hayward, W7ZOI [1] dar.

Die Verstärkung eines Fets wird durch die Steilheit (Yfs oder Gfs) angegeben. Diese ist ein Mass für die Änderung des Stromes, der zwischen Drain und Source fliesst, bezogen auf die Spannungsänderung am Gate. Je höher die Änderung des Stroms zwischen Drain und Source bei einer bestimmten Spannungsänderung am Gate ist, desto höher ist die Verstärkung des Transistors. Die in den Transistordatenblättern angegebenen Werte für die Steilheit beziehen sich auf eine Spannung zwischen Drain und Source von 0 Volt. Für die Messung dieses Wertes sind keine grossen Klimmzüge erforderlich. Es genügt, zwei bestimmte Werte zu messen und daraus die Steilheit zu berechnen. Die zu messenden Werte sind der Drainstrom Idss, der bei einem Kurzschluss des Gates mit der Source fliesst, und die Abschnürspannung (pinch-off voltage) Vp, d.h. die Gate-Spannung, bei der der Drainstrom fast Null ist. Diese beiden Werte setzt man in die folgende Formel ein und erhält die Steilheit:

Formel 1: Berechnung der Steilheit bei Vds=0 Volt.

Für den mathematisch Interessierten: Diese Formel entsteht, wenn man aus der Formel in Bild 1 aus W7ZOI JFet Biasing Tutorial [1] die erste Ableitung bildet. Das Ergebnis ist in Gleichung 1 ebenfalls in diesem Tutorial zu sehen. Anschliessend setzt man für Vgs=0 Volt ein, und erhält so die oben angegebene Formel. Für die ganz Harten sei das Buch Introduction to Radio Frequency Design von Wes Hayward [2] empfohlen. Dort wird die ganze Mathematik unter anderem zum Thema Transistormodell genauestens erläutert.

Die Messung

Mit dieser kleinen Schaltung lassen sich die beiden Werte Idss und Vp recht schnell messen. R3 kann bei Messungen an JFet entfallen, dieses Poti dient zur Vorspannungserzeugung des zweiten Gates bei einem Dual Gate Mosfet. Der zu testende Transistor wird noch nicht eingesetzt, zuerst schliesst man die Betriebsspannung an und stellt am Anschluss von Gate 2 eine Spannung von 4-5 Volt ein. Falls man das Datenblatt zur Hand hat, kann man den Wert einstellen, den der Hersteller des Transistors für die Messung der Steilheit verwendet. Diese Spannung sollte während der Vergleichsmessungen nicht mehr verändert werden, weil sich bei unterschiedlichen Spannungen an Gate 2 die für uns wichtigen Parameter verändern und so eine Vergleichsmessung unmöglich machen. Die Messgeräte sollten für eine Spannungsmessung natürlich möglichst hochohmig und für die Strommessung niederohmig sein, da sonst wiederum falsch gemessen wird. Natürlich reicht für eine Vergleichsmessung auch ein erschwingliches Messgerät einfacherer Bauart aus.
Anschliessend setzt man den Transistor in die Schaltung ein und regelt Poti R2 so lange, bis das Amperemeter nur noch einen sehr kleinen Strom anzeigt. Der Strom wird in einer Grössenordnung von vielleicht 20 bis 100 Microampere liegen, der genaue Wert ist nicht so wichtig, viel wichtiger ist, die mit dem Voltmeter gemessene Spannung zu beobachten. Sie wird sich in einem bestimmten Bereich, der mit dem Poti R2 geregelt wird, so gut wie gar nicht mehr verändern. Sobald der Strom sehr klein wird, zeigt das Voltmeter schon einen sehr genauen Wert für Vp an. Die Hersteller der Halbleiter geben daher nie die Abschnürspannung bei einem Drainstrom von 0 Volt an, sondern immer bei einem etwas höheren Wert von z.B. 20 Microampere. Die Spannung an R2 entspricht nun der Abschnürspannung, da die Spannung am Gate durch den Spannungsabfall an R2 gegenüber der Spannung an der Source so niedrig ist, dass der Fet fast sperrt. Wir können also nun die Abschnürspannung Vp am Voltmeter ablesen und notieren.

Der zweite Schritt, die Messung des Kurzschlusstromes Idss, erfordert nur noch einen Tastendruck: Durch S1 wird Gate 1 mit der Source verbunden, durch diesen Kurzschluss sinkt die Spannung zwischen Gate 1 und Source auf 0 Volt. Der Strom, der nun durch das Amperemeter fliesst, ist der Kurzschlussstrom Idss, der ebenfalls notiert wird. Wer über einen Computer mit einer Tabellenkalkulation verfügt, kann die Messwerte auch gleich in eine Tabelle eintragen und das Ergebnis berechnen lassen. Setzt man die Spannung Vp in V und den Strom Idss in mA ein, so ist das Ergebnis in der Einheit mS. In amerikanischen Datenblättern erscheint häufig die Einheit µmhos. Diese lässt sich recht einfach in mS umrechnen: 1000 µmhos sind 1 mS. Somit kann man überprüfen, ob die gemessenen Transistoren innerhalb der Spezifikationen des Herstellers liegen oder nicht.

Schaltungsaufbau

Der Aufbau der Schaltung gestaltet sich recht einfach. Für die Messung an einem normalen JFet reicht eine rasch zusammengelötete Schaltung mit einem Transistorsockel aus.

Bild 1: TO-50 Gehäuse

Wegen der besonderen Bauart moderner Dual Gate Mosfets im TO-50 Gehäuse, bei denen die Anschlüsse sternförmig in vier Richtungen abstehen, wurde für diese Bauform ein anders Konzept gewählt, siehe Bild 2: Aus einer kupferbeschichteten Platine wurden die benötigten Anschlüsse freigefrässt. Die schwarzen Flächen sind die Beschichtung, entlang der weissen Linien wurde die Beschichtung mit einer Trennscheibe für Modellbauer (Dremel) entfernt. Anschliessend wird mit einem Durchgangsprüfer oder Widerstandsmessgerät überprüft, ob die Leitungen sauber getrennt wurden. Die freigefrässten Anschlüsse dürfen keine Verbindung untereinander haben. Die Anschlussbezeichnungen wurden mit einem Edding aufgemahlt, G1 und G2 stehen für Gate 1 und 2, S steht für Source und D für Drain.

Die Anordnung der Anschlüsse war bei allen vom Autor verwendeten BF9xx-Typen identisch, im Einzelfall sollte man jedoch vor der Messung überprüfen, ob das Anschlussschema des Transistors zur Schaltung passt. Ein BF981 würde mit dem langen Anschluss (Drain) nach rechts in die Schaltung eingesetzt werden. Auf eine genaue Bemassung wurde verzichtet, wichtig ist nur, dass die Anschlüsse des Transistors vollständig auf den Flächen für G2, S und D aufliegen können, ohne einen Kurzschluss zu verursachen.

Das Loch in der Mitte wurde so gross gewählt, das der Transistor mit seinem Gehäuse so weit in die Platinen eintauchen kann, dass die Anschlüsse auf der Platine aufliegen. Zwischen den Anschlüssen "+" und "D" ist noch ein Widerstand von 100 Ohm einzulöten, die Anschlüsse "S" und "R2-a" sind mit einer Drahtbrücke zu verbinden. Die beiden verwendeten Potis und ein Taster können direkt auf die Platine aufgelötet werden, somit ergibt sich eine Einheit, an welche nur noch die beiden Messgeräte und die Spannungsversorgung angeschlossen werden müssen.

Um zu vermeiden, dass beim Einsetzen des Transistors in die Schaltung ein Kurzschluss entsteht, kann man die Flächen + und die Massefläche zwischen D und S mit etwas Isolierband abdecken. Die Schaltung sollte nur von erfahrenen Bastlern oder unter Anleitung eines solchen aufgebaut werden, für Schäden, die durch die Verwendung dieser einfach aufgebauten Schaltung entstehen, übernimmt der Autor keine Verantwortung.

Bild 2: Schaltungsaufbau

Messung

Die Spannungsversorgung von 10-12 Volt wird angeschlossen und der Schleifer des Potis R1 (G2) auf 4 bis 5 Volt eingestellt. Das Voltmeter wird zwischen R2-a (+) und R2-b (-) und das Amperemeter zwischen  R2-b (+) und Minus (-) angeschlossen. Obwohl bei ca. 100 vom Autor durchgeführten Messungen kein Transistor zerstört wurde, wird empfohlen, vor der Berührung des Bauteiles eventuelle Zerstörung durch statische Elektrizität zu beachten. Am besten ist die Verwendung eines entsprechenden Armbandes, Berührung einer Erdleitung unmittelbar vor der Arbeit mit einem Bauteil reicht jedoch meist aus. Die Anschlüsse des Transistors werden etwas nach unten gebogen, der Transistor wird auf die Platine aufgelegt. Durch Druck mit einem dünnen Gegenstand auf die Gehäusemitte werden die Anschlüsse gegen die Platinen gedrückt und es entsteht ein Kontakt. Der Andruck mit einem Finger hat sich nicht bewährt, da der Strom, der bei Berührung der Anschlüsse über den Finger fliesst die Messungen verfälscht. Anschliessend wird Poti R2 so lange geregelt, biss nur noch ein Strom von einigen 10 Microampere fliesst. Nun kann Vp sofort abgelesen und notiert werden. Anschliessend drückt man den Taster und liesst auf dem Amperemeter den Strom Idss ab. Auf diese Art und Weise lässt sich eine grössere Anzahl Transistoren in ein paar Minuten durchmessen. 

 

Idss/mA

Vp/V

Yfs/mS

14,00

1,45

19,30

5,50

1,43

7,67

5,50

1,13

9,76

7,00

1,37

10,25

6,00

1,19

10,04

Tabelle 1: Beispielmessung des Transistors BF981

Ergebnis

Wie man anhand der Beispielmessung sehen kann, weichen die Werte einzelner Transistoren sehr stark voneinander ab. Dies kann dazu führen, dass eine Schaltung nicht wie vorgesehen oder gar nicht funktioniert. Das anfangs beschrieben Problem mit der mangelnden ZF-Verstärkung und der geringen Ausgangsleistung wurde durch Austausch je eines Transistors im Sende- und Empfangszweig gelöst: zur Verwendung kamen zwei 3N211 Transistoren, die ich auf einem Amateurfunk-Flohmarkt erstanden hatte. Die Bauteile hatten eine gemessene Steilheit von bis zu 18 mS, und nach dem Umbau waren alle Probleme gelöst. Eine Verschlimmbesserung erreichte ich durch Austausch aller drei ZF-Transistoren: die Durchgangsverstärkung in der letzten Stufe war so hoch, dass der Verstärker anfing zu schwingen. Dies war an einem Zischen zu erkennen, welches aus dem Lautsprecher ertönte. Der Einbau eines "normalen" Transistors in die letzte ZF-Stufe entschärfte das Problem.

Quellen

[1] W7ZOI JFet Biasing Tutorial by Wes Hayward, JFET Tutorial
[2] Introduction to Radio Frequency Design, Wes Hayward, W7ZOI, ARRL Verlag oder über Funkamateur Versand

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