Freiberger Amateurfunkgeschichte

    Freiberger Amateurfunkgeschichte

      Geschichte des Amateurfunks in Freiberg

      Radio-Club Freiberg e.V. Satzung 1924
      Radio-Club Freiberg e.V. Satzung 1924 (Quelle 2)

      Bereits in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gab es in Freiberg einen Radiobastelverein, den Radio-Club Freiberg e.V. eingetragen am 5. Juni 1924 im Vereinsregister beim Amtsgericht Freiberg, der sich ab der Einführung des Rundfunks in Deutschland 1923 mit dem Selbstbau von Detektorempfängern und einfachen Röhrenempfängern beschäftigte. Die Vereinssatzung wurde am 16.04.1924 von den Mitgliedern Dressel, Mittag, Eberhardt, Lange, Weinhold, Müller und Jenzsch gezeichnet.

      Der Radio-Club Freiberg e.V. war dem Mitteldeutschen Radioverband e.V. Sitz Leipzig angeschlossen, der wiederum dem Deutschen Funk-Kartell angeschlossen war. Das Funk-Kartell veröffentlichte gedruckte Mitteilungen des Deutschen Funk-Kartells, also schon eine Vereinszeitschrift. Im Mitteldeutschen Radioverband e.V. Sitz Leipzig waren zum 31.12.1924 schon 6128 Mitglieder organisiert.

      In den Jahren 1924/25 führte den Verein der Regierungs-Sekretär Horst Willy Erich Müller an. Die Geschäftsstelle des Clubs und seine Wohnung waren in der Breithauptstr. 16 in Freiberg.

      1928/29 und auch noch 1932 ist der Vereinsvorstand der Lehrer Ernst Steuer, wohnhaft in der Terassengasse 16. Das Vereinslokal ist der Gasthof Stadt Gotha am Petriplatz 4 in Freiberg.

      Von Ende Dezember 1924 bis in den Januar 1925 veranstaltete der Radio Club Freiberg eine Funkschau in den Räumen des städtischen Kaufhauses. Es wurden 4000 Besucher aus der Stadt und dem Umland gezählt, daneben mehrere tausend Schulkinder, die unentgeldlich  durch die Ausstellung geführt wurden. Den Kernpunkt der Ausstellung bildeten 50 von Klubmitgliedern selbst gebaute Radioempfänger.

      In der Zeitschrift "Funk - Die Wochenschrift des Funkwesens" widmete im Heft 4 1925 eine ganze Seite der Freiberger Ausstellung.

      Funkschau 4/1925 (Quelle 3)

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      Ebenfalls Mitglied im Radio-Club Freiberg e.V. war Rudolf Bruno Neuhäusser aus Weißenborn bei Freiberg. Rudolf wurde als Sohn des Fakturisten Bruno Neuhäusser am 19.09.1905 in Weißenborn geboren. Der Vater arbeitete vermutlich in der Freiberger Papierfabrik zu Weißenborn

      Rudolfs Lebenslauf in Stichpunkten:

      • Handelsrealschule
      • ab 01.12.1919 Lehre als Papier- und Zellulosetechniker in der Zellstofffabrik Weißenborn
      • 1925/26 tätig in der Holzschleiferei in Lichtenberg
      • 1926-28 Ingenierschule
      • anschl. verläßt Rudolf seine Heimat um andernorts zu arbeiten
      • ab 1928 Chemieingenieur in der Papierindustrie u.a. bei Zellstoff Waldhof Mannheim
      • 1942/43 Kriegseinsatz in Norwegen
      • an Ende 1943 "Arbeitsurlaub" in der Forschungsstelle Graf Zeppelin des Luftfahrtministeriums in Stuttgart-Ruit auf den Fildern

      Noch in der Heimat begann Rudolf als junger Mann mit dem Bau von Rundfunksempfangsapparaten. Nachfolgende Aufnahmen zeigen Rudolf mit seiner Familie beim Radiohören. Die Aufnahmen entstanden vermutlich in Weißenborn im Elternhaus Nr. 17F (damals noch ohne Straßennamen) - gleich neben dem Gemeindeamt.

      Familie Neuhäusser beim Radiohören in Weißenborn (Quelle 2)

      In der Anfangszeit war der Bau und Betrieb von Rundfunk-Empfangsgeräten prüfungs- und genehmigungspflichtig. Die Radiovereine übernahmen die Prüfungen für die Deutsche Reichspost, die gegen Gebühr von 60 Reichsmark pro Jahr eine Audion-Versuchserlaubnis ausstellte.

      Am 01.09.1925 entfiel die Versuchserlaubis zugunsten einer monatlichen Rundfunkgebühr von 2 RM.

      Audion-Versuchserlaubnis
      Audion-Versuchserlaubnis Vorderseite (Quelle 2)
      Audion-Versuchserlaubnis
      Audion-Versuchserlaubnis Rückseite (Quelle 2)
      Prüfungszeugnis
      Prüfungszeugnis von Rudolf Neuhäusser (Quelle 2)

      Am 20.03.1926 wurde der Deutsche Sendedienst DSD gegründet. Es gab nur wenige offizielle Versuchs-Lizenzen, zumeist nur für Firmen und Hochschulen - so war diese Zeit die Blütezeit der "unlis"-Funker. Aus Freiberg gibt es bis jetzt keine Hinweise auf "Schwarzfunker".

       

      Bereits 1926 ist in einer Veröffentlichung ein Kurzwellenhörer aus Freiberg verzeichnet - es ist Kurt Reymann, DE0094/U, wohnhaft in der Parkstr. 12, Freiberg i.S. Kurt war der Sohn des bekannten Freiberger Fotografen Karl August Reymann (1879-1945).

       

      Ein weiterer Empfangsamateur in Freiberg Anfang der 30er Jahre war der Lehrer Dr.phil. Friedrich Kaiser, wohnhaft Forstweg 15. Ihm wurde vom DASD die DE-Nummer DE 1407 M zugeteilt. Eine vorliegende QSL belegt ein gehörtes QSO von D4LQH OM Fritz Wirth aus Wittgensdorf bei Chemnitz am 12.02.1933 auf 20 m. Friedrich Kaiser war der Vater von Hans Kaiser, der ab 1935 als D4 RYM aktiv war.

      Gehörtes QSO von OM Fritz Wirth,Vorderseite (Quelle 1)
      Gehörtes QSO von OM Fritz Wirth, Rückseite (Quelle 1)

      Im Nachlass von Fritz Wirth aus Wittgensdorf befindet sich eine SWL-Karte von OM Hans Kaiser DE 1748. Er hörte am 06.10.1933 die Zeichen von D4BMU aus Wittgendorf auf 80 m.

      Weitaus interessanter sind jedoch die weiteren Angaben auf der QSL-Karte - nämlich ex D4LQM. Das bedeutet, dass OM Hans schon vor 1933 als UNLIS aktiv war.

      Das ist der früheste Nachweis einer Sendetätigkeit aus Freiberg!

      Gehörtes QSO von OM Fritz Wirth (Quelle 1)

      Ein weiterer Empfangsamateur war Ing. Gilbert Endler, DE 1633 M. Gilbert wurde am 12.02.1889 als Sohn des Kaufmanns Anton Oskar Endler in Chemnitz geboren. Die Familie lebte anschließend viele Jahre in Mittweida, wo er auch 1920 heiratete. Mitte der 20er Jahre siedelte die junge Familie nach Freiberg über, wohnte in der Ziegelgasse 1 und Gilbert betrieb ein Geschäft für Radiozubehör in der Kesselgasse 5.

      Eine vorliegende QSL belegt den Empfang eines QSOs von D4BMU (Friedrich Wirth aus Wittgensdorf) am 31.10.1933 auf 80 m.

      Gehörtes QSO von OM Fritz Wirth
      Gehörtes QSO von OM Fritz Wirth (Quelle 1)

      Ende der 30er Jahre wechselte das Geschäft von der Kessselgasse 5 zur Korngasse 3. Die Wohnung der Familie lag jetzt zentral am Obermarkt 18.

      Nach dem 2. Weltkrieg verließ Gilbert Endler seine Heimat und ging nach Hessen und lebte in Darmstadt, wo er am 22.03.1952 im 63. Lebensjahr verstarb.

       

      Im Internet ist eine QSL aufgetaucht, die belegt, dass es 1935 einen weiteren Kurzwellenhörer in Freiberg gab.

      Am 20.11.1935 gegen 1600 GMT hörte die Station DE2572/M ein QSO zwischen W7VY und D4ARR (Hans Bauer in Nürnberg) auf 14 MHz mit 348 in CW. Desweiteren wurden angegeben: Recvr System 0-V-2, Antenne L 25 m und QSL Nr.350, Pse Qsl fr DEM und eigenhändige Unterschrift "Alfred Jung".

      Und bei weiteren Recherchen findet sich schließlich ein Alfred Jung als Inhaber einer Radiobedarfsartikel-Handlung in Freiberg, Lange Str. 23

      In den öffentlichen "Bekanntmachungen über Versuchsfunkgenehmigungen" der Deutschen Reichspost vom 13.02.1935 ist erstmalig ein Funkamateur in Freiberg aufgeführt. Dem OM Hans Kaiser wurde das Rufzeichen D4 RYM zugeteilt. Hier die Veröffentlichung in der  DASD CQ-MB Heft 3 1936.

      In der Rufzeichenliste der vom Reichspostzentralamt Berlin-Tempelhof genehmigten Liebhaberfunksender vom 22.06.1936 findet sich wieder ein Eintrag aus Freiberg/Sa. Auf Seite 45 des mit Schreibmaschine verfassten Dokumentes wird als Inhaber des Rufzeichens D4RYM, Hans Kaiser, Freiberg (Sachs), Forstweg 15 angegeben.

      Der OM Hans war auch wirklich aktiv. Das belegen Aufzeichnungen u.a. des Polnischen Radiosportverbandes PZK in seinem Dezemberheft 1936. Dort wurde berichtet, dass SP1ZK, die Station der Metallindustrie-Ausstellung in Warschau, unter schwierigen Bedingungen aus einer Ausstellungshalle mehr als 60 QSOs führte, darunter auch Telegrafie-QSOs u.a. mit D4RYM.

      Als zweites Dokument ist der SWL-Bericht von Mr. J. Vincent McMinn aus Wellington, Neuseeland dokumentiert. Er hörte im Mai 1936 D4RYM auf 14 MHz in CW mit R=5. Veröffentlicht wurde das in der amerikanischen Zeitschrift RADIO, Ausgabe November 1936.

       

      QSO mit OM Fritz Wirth aus Wittgensdorf bei Chemnitz (Quelle 1)

      Es bildete sich 1935/36 kurzzeitig eine Ortsgruppe des DASD in Freiberg. Dessen Leiter war ebenfalls OM Hans Kaiser D4RYM. Veröffentlicht im Heft 11 1936 des DASD CQ-MB. Freiberg gehörte da noch zur  Landesgruppe M (Dresden).

      In den Jahren 1937 und 1938 ging OM Hans Kaiser nach Berlin und war von dort unter dem Rufzeichen D4RYF gelistet.

      QSO mit OM Fritz Wirth aus Wittgensdorf bei Chemnitz
      QSO mit OM Fritz Wirth aus Wittgensdorf bei Chemnitz (Quelle 1)

      Im Jahr 1939 erscheint OM Hans dann in der Rufzeichenliste in Hannover mit dem Rufzeichen D4RYK. Während des 2. Weltkrieges hat er keine Kriegsfunkgenehmigung und nach dem Krieg ist er wieder in seiner Heimatstadt Freiberg.

      Während des 2. Weltkrieges erloschen die Versuchfunkgenehmigungen. Es gab nur wenige Kriegsfunkgenehmigungen und es taucht ein neuer OM in den Listen mit Wohnort Freiberg auf. OM Rudolf Wenzel hält das Rufzeichen D4WVU - allerdings ist als Standort Warschau eingetragen. Wahrscheinlich handelte es sich nicht um zivile Ausstrahlungen.

       

       

      Bildquellen:

      1....Nachlaß Fritz Wirth, Archiv TU Chemnitz

      2...Nachlaß Rudolf Bruno Neuhäusser, Archiv DARC Ortsverband Freiberg

      3...CC BY-NC-SA 3.0 DE| Max Planck Institute for the History of Science

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