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MARCONI-Story

Bild DL3UKH Marconi 2006
Bild DL8UAT Marconi 2006

MARCONI-Contest – jawohl, das Highlight des Jahres für alle, die gern auf 144 MHz die Taste schwingen und verrückt genug sind, im November auf irgendeinem Hügel eine Contest-taugliche Station aufzustellen. Und wenn man die Bedingungen in diesem Jahr gesehen hat, dann wird einem schnell klar, dass Funkamateure doch einen gewissen Hang zum Masochismus haben müssen.
Da die Ergebnisse des Oktober-Contest noch nicht raus waren, wir uns aber Chancen auf den Sieg im Contest-Pokal ausrechneten, konnte die Parole nur lauten: Alles was morsen kann muss noch mal ran! Und wer nicht genügend brauchbare Feststandorte hat, der muss halt ab ins Gelände, ohne Rücksicht auf Verluste!

Also am Samstagmorgen das Auto beladen und los. Nach einer reichlichen Stunde Fahrt bin ich am Ziel, eine unauffällige Erhebung in der Nähe von Döbeln. Irgendwann vor Jahren hatte Bernd festgestellt, dass es von dort „relativ gut geht“ und so sind wir nun regelmäßig hier. Im strömenden Regen fliege ich ein, wie fast immer eine halbe Stunde zu spät. Bernd und Daniel sind schon da, schrauben gerade die beiden Mastsegmente zusammen und grinsen mich an. (Irgendwann bin ich mal pünktlich, dann grinse ich aber zurück!) Ich erspare mir die bereitgelegte Ausrede, bringe das Aggregat in Stellung und kümmere mich um die Stromversorgung. Wie es aussieht, sind wir heute nur zu dritt, was theoretisch auch zum Mastaufbau reicht. Inzwischen steigert sich der vorher schon unangenehme Wind zum Sturm und der Regen wird stärker. Wir beschließen den Mast ohne Antennen erst mal provisorisch aufzustellen um die Abspannungen optimal auszurichten. Ohne den ganzen Klimbim an der Spitze geht das auch relativ leicht. Wir legen den Mast wieder um und versuchen die Antennen zu montieren, d. h.: Einer schraubt, und die anderen beiden stehen mit den Händen in den Taschen daneben um die Finger wieder aufzutauen. Irgendwie kriegen wir aber doch alle Schrauben in ihre Löcher. Voll bestückt scheint der Mast das doppelte Gewicht zu haben. Bernd und ich stemmen ihn hoch, Daniel zieht am Seil und der Sturm zieht an allem. Allerdings kommt nicht so richtig Bewegung in die ganze Fuhre. Das Seil, an dessen anderen Ende Daniel hängt, hängt seinerseits merkwürdig durch und bei mir liegen langsam die Nerven blank. „Mensch, jetzt zieh – verdammich noch mal!“ schreie ich Daniel an (Entschuldigung, Daniel!), das Seil strafft sich. Als der Mast in die Senkrechte kippt kommentiert Bernd mit gewohnt trockenem Humor die ganze Situation: „Na also, man kann das Ding auch zu zweit aufstellen.“
Alles andere ist Routine. Einmal „Schöner Funken“ für das Innere des Transporters, welcher uns als Shack dienen soll. Da auch wir immer bequemer werden, soll diesmal alles über den Computer gefahren werden. Also kommt mein TS-2000 inklusive CAT-Steuerung und Laptop mit UCX-Log zum Einsatz. Für die Cluster-Anbindung spendieren wir Daniels Laptop eine UMTS-Karte, welche uns Jürgen für das Wochenende zur Verfügung gestellt hat. Komischerweise funktioniert alles fast auf Anhieb. Zur PTT-Steuerung der Endstufe musste nun nur noch ein kleines Relais (russisches Produkt aus den unergründlichen Tiefen einer Bastelkiste in Frieders Werkstatt) mit Kabeln und Steckern versehen werden, wobei es zum großen Auftritt einer Lötpistole kam. Ja, lieber Leser, man mag es kaum glauben, aber es wurde sogar gelötet. Kurzer Test, alles OK, und wir waren schon eine halbe Stunde vor Contest-Beginn startklar. Das gab es schon lange nicht mehr! Daniel nahm für die erste Schicht seinen Platz im Transporter ein, Bernd verabschiedete sich nach Hause und ich hockte mich in mein Auto um langsam wieder aufzutauen. Kurz darauf rief Hans mich auf dem Handy an und meinte nach der Begrüßung ich sollte mich beim Telefonieren während der Fahrt nicht erwischen lassen. Das Geklapper kommt nicht vom Vierkreiser sondern von meinen Zähnen, entgegne ich.

Ich fahre ein paar Kilometer bis ins Lokal „Zur Goldenen Möwe“. Ich mag diese Art Essen eigentlich nicht, aber der Kaffee ist gut und vor allem heiß. Nach dem zweiten Becher taue ich langsam auf und die Stimmung steigt. Schnell noch an der benachbarten Tanke etwas Nachschub für das Aggi gefasst und zurück auf unsern Hügel. Daniel beschwert sich, dass er nichts hört und ihn keiner hört. Was ist los? Warum er nicht gehört wird ist schnell klar – das Relais für die Endstufensteuerung tut nicht richtig. Als erste Stufe der Folter wird selbigem das Werkzeug gezeigt und die Kappe etwas verbogen, danach geht’s. Warum Daniel nichts hört – keine Ahnung. Vielleicht hätten wir doch nicht auf den Vorverstärker verzichten sollen. Ich starte den Versuch im Auto etwas zu schlafen. Kaum bin ich eingeduselt macht mich Daniel wach. Er macht einen frustrierten Eindruck und muss außerdem zu einer Familienfeierlichkeit. Ich tanke das Kraftwerk auf und übernehme. Daniels Punktestand erschreckt mich etwas. Liefert er doch sonst immer Spitzenergebnisse ab. Geht es wirklich so schlecht? Ich lege los. Das F-Tasten-Gedrücke ist noch etwas gewöhnungsbedürftig aber ansonsten funktioniert alles ganz gut. Allerdings steht bald fest, dass zum nächsten Contest wieder eine normale Taste mit auf den Tisch kommt, macht sich in bestimmten Situationen einfach besser. Schnell wird klar, dass es Richtung Westen diesmal überhaupt nicht geht. Da dürfte wohl das extrem breite Regengebiet Schuld haben. Auch Richtung Norden und Osten läuft es eher schlecht. Nur der Süden geht fast wie immer. IK5ZWU/6 markiert mit 831 km das ODX.

Es ist kurz vor Mitternacht. Die Werkstattlampe, welche das Innere des Transporters erhellen soll, merkt als erste, dass etwas nicht stimmt und quittiert ihren Dienst. Auch der Endstufenlüfter wird merklich ruhiger. Schnell das Multimeter in die Verteilerleiste gestöpselt – irgendwas um die 140 Volt. Notabwurf der gesamten Station und raus zum Aggi. Hört sich nicht gut an! Ich denke mit Grausen an 2004. Da hatte jemand beim Tanken im strömenden Regen jede Menge Wasser in den Tank befördert. Fünf mal hatte ich dann in der Nacht bei ähnlichen Wetterbedingungen die Ehre, Wassersack und Vergaser trocken zu legen. Im Vergaser finde ich nur ein, aber gemäß dem Gesetz von Murphy an entscheidender Stelle sitzendes, klitzekleines Sandkorn. Wie auch immer das dahin gekommen ist. Nach 20 Minuten bin ich wieder „ON AIR“. Die Zeit scheint immer langsamer zu vergehen. Die QSO-Rate bewegt sich fast im einstelligen Bereich. Nachts ist im MARCONI nie viel los, aber in diesem Jahr scheint es besonders schlimm zu sein. Ich überlege, eine Schlafpause einzulegen. Da ich aber nicht genau weiß, wann Hans auf der Matte steht, entscheide ich mich durchzuziehen und jede Minute zu nutzen. Inzwischen hat der Sturm wieder zugelegt. Der Transporter schaukelt wie ein Schiff im Wind. Ich kontrolliere die Abspannungen. Alles in Ordnung. Ich staune immer wieder, wie die von Bernd verwendeten, vermutlich selbst geflochtenen Leinen das ganze Gebilde aufrecht halten.
Ein weiterer Nachteil der PC-Funkerei offenbart sich: Man hat einfach zu wenig „Bewegung“. Während die CQ-Schleife läuft nicke ich kurz weg. Sollte ich also gegen 04.00 Uhr nicht auf Anrufe reagiert haben – sorry, operator was in sleep-mode. Es geht auf den Morgen zu. Die QSO-Rate steigt. Richtung Westen geht noch immer nichts. Der Regen knallt auf das Dach des Transporters und übertönt den Lüfter der PA. Bernd würde sagen: „Da kannste mal sehen wie leise meine Endstufe ist!“

Die Tür wird aufgerissen, Hans ist da und erklärt mir als erstes, dass er Schmerzen im Knie hat. Ich antworte, dass er das nicht braucht, zehn gesunde Finger (zur Not auch zwei) würden reichen. Kurze Einweisung an TS-2000 und Laptop. Eigentlich nicht nötig; Hans ist Profi, der kann mit allem funken wo irgendwie HF rauskommt. Hauptsache er muss es nicht selber schleppen und aufbauen. Ich fülle das Aggi noch mal auf, verkrümle mich in mein Auto und wickle mich in zwei Decken ein. Nachdem ich noch eine Weile, die 10 Meter über mir, wild im Wind tanzenden 17-Element-M2, beobachtet habe, schlafe ich tatsächlich ein. 15.00 Uhr – GAME OVER - Bernd und Daniel haben sich wieder eingefunden, Hans steigt zufrieden aus dem rollenden Shack und das Wetter spinnt sich noch mal voll einen ab. Es regnet waagerecht. Die sonst obligatorische Kaffe-und-Kuchen-Abschlussdiskussion wird ersatzlos gestrichen. In Rekordzeit werden Antennen und Mast demontiert und verladen. Beim Versuch dem Aggregat etwas näher zu kommen begebe ich mich mit meinem Vierkreiser auf inzwischen völlig aufgeweichtes Terrain und habe Mühe wieder wegzukommen. Der Dreck spritzt bis übers Dach. Die Karre sieht aus, als hätte ich an einer Rallye teilgenommen. Die Verabschiedung fällt kurz und schmerzlos aus. Alle haben die Nase voll und wollen nur noch weg.
Zu Hause führt der Weg direkt ins Bad und in die Wanne. Meine bessere Hälfte fragt, wie es denn gewesen wäre? „Och, ganz gut“, murmle ich, genieße das warme Wasser und bin mir fast sicher, dass ich auch nächstes Jahr wieder dabei bin.

… 73 es cuagn in marconi 07 – frank …

Das es auch komfortabler geht, zeigen die beiden Bilder vom selben Contest in unserem QTH bei Elsterwerda.
Hans, DL3UKH, bei seinem ersten VHF-CW-Contest und Andy, DL8UAT, in Denker-Pose (wahrscheinlich schon die Pokalpunkte ausrechnend).

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