Lang- und Mittelwelle
Nach fast 80 Jahren hat der Amateurfunk Ende der 90er Jahre wieder Einzug in den Langwellenbereich gehalten. Im Frequenzbereiches zwischen 135,7 und 137,8 kHz werden regelmäßig Funkverbindungen bis zu 2000 km Entfernung aufgebaut.
Dabei hilft die moderne Technik: Mit Computerunterstützung werden Signale dekodiert, die aus extrem langsamen Morsezeichen bestehen. Die gleiche Ausrüstung bietet auch die Möglichkeit, ein wenig Ionosphärenforscher zu spielen und den Einfluss von Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang auf die Langwellenausbreitung nachzuweisen. Mangels Fertiggeräte ist die Langwelle vor allem eine Domäne des Experimentierens und des Selbstbaus sowie das ideale Betätigungsfeld für Schmalband-Betriebsarten, Reichweitenversuche, Antennenexperimente und neue Erfahrungen.
Wie auch die Mittelwelle. Sie ist für den Amateurfunk im Bereich von 472 - 479 kHz - mit einer maximalen Bandbreite von 800 Hz und einer Sendeleistung von 1 Watt ERP - zugelassen. Doch im Gegensatz zur Langwelle liefern einige KW-Amateurfunktransceiver um 500 kHz noch ein wenige Milliwatt starkes Signal, so dass lediglich der Bau einer Endstufe für den Sendebetrieb erforderlich ist, ansonsten gibt es auch einfache Bauanleitungen für Transverter. Aber auch in Sachen Antennen ist hier Selbstbau gefragt.
Beide Bänder sind sicherlich nichts für Funkamateure, die dem nichts abgewinnen können. Für diejenigen unter uns, die Spaß am Experimentieren haben oder mit nostalgischen Gefühlen z. B. ein altes Seefunkgerät wieder zum Leben erwecken wollen, ist vor allem das MW-Band wunderbar geeignet. Ein Erfolgserlebnis ist hier eher wahrscheinlich als auf Langwelle, da auch mit relativ wenig Platzbedarf Antennen möglich sind, die normale CW-Verbindungen innerhalb Europas erlauben.
Weiterführende Links:
- Langwelle
- Mittelwelle
Anfang der 90er Jahre erwachte in Europa das Interesse für Amateurfunk auf Langwelle. Treibende Kräfte waren F9LT und Peter Bobeck, DJ8WL (leider bereits verstorben), der den Bereich systematisch durchmusterte. Das damalige Bundesministerium für Post und Telekommunikation (BMPT) unterstützte dies. Die Konferenz der IARU-Region I empfahl 1996 ein schmales Band bei 136 kHz.
In DL wurden zwei Versuchsgenehmigungen für 135,7 - 137,8 kHz ausgegeben: DA0LF an Peter Bobeck DJ8WL und DA0VLF an Hartmut Büttig DL1VDL. Auf der HAMRADIO 1997 machten sie das erste QSO.
Nach und nach erlaubten die europäischen Länder Amateurfunkverkehr in diesem Bereich, durchweg mit 1 W ERP. Die beiden deutschen Versuchsgenehmigungen liefen 1998 aus.
Seit dem 20. Januar 1999 durften Inhaber der Gehmigungsklasse 1 ohne Sondergenehmigung dort funken, allerdings nur mit 20W HF. Es wurde befürchtet, die Signale könnten den auf 138,8 kHz arbeitenden Rundsteuerdienst stören. Diese Leistungsbeschränkung benachteiligte die deutschen Funkamateure im europäischen Vergleich erheblich. Trotzdem gab es viele interessante QSOs.
Eine kleine Gruppe von Funkamateuren zeigte in einer mit der RegTP (heute: Bundesnetzagentur BNetZA) vereinbarten Untersuchung die Benachteiligung auf, wies aber auch nach, dass bei 1 W ERP Störungen dieses Dienstes voraussichtlich nicht zu erwarten waren. Nachdem sich die RegTP bei drei Funkamateuren vor Ort durch Feldstärkemessungen sowie eigene Laboruntersuchungen von der Richtigkeit dieser Aussagen überzeugt hatte, wurden zunächst 5 Sondergenehmigungen für 1 W ERP ausgegeben. Tatsächlich sind Störungen nie bekannt geworden.
Mit ERP wird die von der Antenne wirklich abgegebene Strahlungsleistung bezeichnet. Leider haben Amateur-übliche Antennen auf LW nur einen Wirkungsgrad von bestenfalls 0,1%. Mit 1 W ERP senden zu dürfen bedeutet also, dass man 1000 W HF erzeugen kann. Mit den vorher erlaubten 2 0W HF konnte man nur 20 mW ERP erzeugen.
Heute dürfen alle Stationen der Klassen 1 und 2 auf Langwelle mit dieser Leistung arbeiten. Die Inhaber der neuen Einsteigerklasse mit beschränktem Zugang zur KW dürfen auf LW nicht arbeiten.
Antennenanlage
Auf Grundstücken üblicher Grösse lassen sich selten Drähte von mehr als 40 m Länge und 20 m Höhe unterbringen. Damit sind Wirkungsgrade von 0,5 bis 1 Promille erreichbar. Zum Vergleich: Das entspräche auf 20 m einem Stäbchen von 20 cm Höhe mit einem kleinen Seitenausleger. Solche Antennen sind im Grunde Plattenkondensatoren, an denen die volle Resonanzspannung liegt. An 10 W HF kann man sich schon die Finger verbrennen, 1000 W sind hoch gefährlich und bedürfen eines sehr sorgfältigen Antennenaufbaues. Gute Erdungsverhältnisse, verlustarme Ladespule und möglichst hohe Dachkapazität sind erforderlich. Trotzdem: Eine hoch aufgehängte W3DZZ oder ähnlich reichen aber mit 100 W HF bereits in QRSS3 für Europa.
Rahmenantennen sind nur für den Empfang geeignet.
Im Winter 2005/2006 waren die Baken VO1NA sowie die "Part 5"-Stationen aus USA fast jede Nacht in Europa zu empfangen.
Stationsausrüstung
Einige KW-Transceiver erreichen empfangsseitig auch den LW-Bereich, z. B. IC-728/729 oder IC-751.
Sender muss man fast immer selber bauen. Die stabile Frequenz kann man z. B. durch Teilung einer höheren VFO-Frequenz oder durch einen Mess-Sender erreichen. Bei den Transatlantik-Versuchen arbeiten mehrere Stationen im Abstande von jeweils Zehntel bis ein Hertz - das muss für die ganze Nacht gewährleistet sein. Aber keine Sorge - für das normale CW- oder QRSS3-QSO reicht die übliche Stabilität selbst eines sorgfältig aufgebauten freischwingenden VFOs.
Auf Flohmärkten werden gelegentlich Empfänger und Sender aus der Seefahrt angeboten, die für unsere Zwecke gut geeignet sind.
Betriebsarten
CW
Normale Telegrafie, langsam und akzentuiert gegeben. Merke: LW-QSOs sind keine Contest-QSOs, sondern persönliche Funkverbindungen.
QRSS
Das ist sehr langsame Telegrafie, meist mit Computer gegeben. QRSS3 heisst, dass ein Punkt 3 sec. dauert, der Strich 9 sec., die Pause zwischen den Zeichenelementen 3 sec.; für ein "u" benötigt man 21 sec. - man braucht also viel Zeit zur Übertragung, andererseits sinkt die benötigte Bandbreite erheblich und die Empfindlichkeit steigt stark an. Es können Signale aufgenommen werden, die unhörbar im Rauschen versteckt sind. So sind Verbindungen über den Atlantik möglich. Im Bakenbetrieb geht man bis QRSS60, gelegentlich noch mehr. Empfang nur mit Computer und passender SW (ARGO, SPEKTRAN und andere) möglich.
DFCW
(Double Frequency CW)
Bei dieser Telegrafie-Art werden Striche und Punkte nicht durch ihre Länge unterschieden, sondern durch ihre Frequenzlage. Der Strich wird in der Regel 0,1 - 1 Hz höher gesendet, er ist nicht länger als der Punkt. Bei DFCW3 sind alle Zeichenelemente und die Pausen 3 sec. lang. Für ein "u" benötigt man nur 15 sec. - wenn man die Pausen mitsendet. Verzichtet man auf die Pausen zwischen den Zeichenelementen, sind es sogar nur 9 sec. - das ist aber etwas schwieriger zu lesen.
Andere Betriebsarten
Gut geeignet für mittlere Entfernungen ist PSK31, ebenso die langsamere Variante PSK8. Andere digitale Betriebsarten sowie Hellfax wurden auch bereits eingesetzt. Die benötigte Bandbreite darf 800Hz nicht überschreiten, deshalb ist z. B. OLIVIA in seiner Normalform (1000 Hz) nicht zulässig. SSB verbietet sich von selbst.
Literatur, Software
Viele nützliche Hinweise enthalten die Bücher
- LF Today, von Mike Dennison, G3XDV ( ISBN 1-87230999-2 ) RSGB, Cranborne Road, Potters Bar, Herts EN6 3JE
- The Low Frequency Experimenters Handbook, von Peter Dodd, G3LDO ( ISBN 1-872309-65-8 ), auch RSGB
- Langwellen- und Längstwellenfunk von Klawitter / Herold / Oexner ( ISBN ISBN 3-89632-043-2 ), Siebel Verlag
- Eine Rahmenantenne für 137KHz, Rudolf Kohl, DJ2EY, CQ-DL 5/01 S.353
- Bandpassfilter für Langwellen-Empfänger, Rudolf Kohl, DJ2EY, CQ-DL 8/01 S.591
- Variabler Oszillator hoher Stabilität für Langwelle, Rudolf Kohl, DJ2EY, CQ-DL 5/03 S.304
- VLF-PA mit zwei aktiven Bauteilen, Rudolf Kohl, DJ2EY, CQ-DL 6/03 S.412
- Antennenapassung, Reflektometer, Rudolf Kohl, DJ2EY, CQ-DL 4/2006 S.266
Auf der Internetseite von Alberto, I2PHD, findet man Software zum Empfang, Senden und Bakenbetrieb mit den computergestützten Betriebsarten, wie ARGO, SPEKTRAN usw. Man kann sie von dort herunterladen.
Amateurfunk auf Langwelle ist in erster Linie Experimentierfunk, das ideale Betätigungsfeld für Selbstbau, Schmalband-Betriebsarten, Reichweitenversuche, Antennenexperimente und neue Erfahrungen.
Ansprechpartner
Ihr Ansprechpartner im HF/Technik-Referat des DARC ist
Holger Kinzel, DK8KW
Etwa um 2000 machten einige Funkamateure Versuche unterhalb 9 kHz. Sie erhielten hierfür von der damaligen Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) eine sog. "Gestattung". Heute vertritt die Bundesnetzagentur (BNetzA) die Auffassung, das sei nicht mehr notwendig, weil der Frequenzbereich unter 9 kHz nicht zugeteilt ist.