Technik im Notfunk - Teil 1

Dies hier wird der erste Teil einer Serie, in der wir versuchen möchten, euch die Ideen und Techniken hinter dem Notfunk-Anhänger und dem darauf verladenen Material näherzubringen. Das soll aber keine Bauanleitung werden, mit welcher ihr das Material nachbauen könnt. Die Gründe dafür sind mehrschichtig und ich denke, dass wir hierzu einen extra Artikel im Verlauf der Serie veröffentlichen werden.

In diesem ersten Teil wollen wir einen groben Überblick darüber geben, wofür die Technik an sich gedacht ist und wieso es dafür einen Anhänger gibt und ob man jetzt IT-Nerd werden muss, um sich im Notfunk zu beteiligen.

Das Konzept für den Notfunk des DARC e.V. sieht bei überregionalen Kommunikationsausfällen die Möglichkeit vor, dass Funkamateure in Zukunft mit einem digitalen Datennetz unterstützen. Über dieses Netz können dann verschiedene Dienste, wie z.B. die Telefonie abgebildet werden. Hintergrund dieser Idee ist, dass wir Funkamateure von der Anzahl nicht ausreichend sind, um in großem Maßstab über längere Zeit den Sprechfunkverkehr für Dritte abzuwickeln. Insbesondere nicht, wenn wir selber von einer Katastrophe betroffen sind und uns um "unsere eigenen Probleme" kümmern müssen.

Daher kam die Überlegung, dass wir Funkamateure einen Weg finden müssen, unsere Hilfsbereitschaft in Einklang mit unseren Möglichkeiten zu bringen. Nach durchaus aufwendigen Überlegungen zeigte sich, dass der Aufbau und Betrieb von Infrastruktur wesentlich weniger Aufwand darstellt als der durchgehende Funkverkehr über mehrere Tage oder Wochen. Wir mussten jetzt nur noch einen Weg finden, wie wir Nachrichten für Dritte übermitteln können, ohne selber diese Nachricht in Papierform entgegenzunehmen, denn dies würde wieder unsere Helfer binden und den Aufwand steigern. Hier kam recht schnell die Idee auf, ein Telefon als Schnittstelle zu nutzen, da mit einem Telefon nahezu jeder umgehen kann.

Diese Lösung hat für uns gleich mehrere Vorteile. Zum einen die besagte Fähigkeit eines nahezu jeden Bürgers ein Telefon zu bedienen und zum anderen geben wir dadurch keinem nicht-Funkamateur direkten Zugriff auf die HF-Schnittstelle im Amateurfunk. Denn die HF-Schnittstelle, d.h. die eigentliche Infrastruktur wird weiterhin durch die Funkamateure betreut und kann auch jederzeit durch die betreuenden Funkamateure, notfalls auch remote, wieder abgeschaltet werden.

Als Grundlage für dieses IP-Datennetz haben wir in Europa das Hamnet, ein durch Funkamateure betriebenes Breitbandnetz, welches mit sehr viel Energie und Eigenleistung der Funkamateure aufgebaut wurde. Aber das Hamnet kann nicht überall sein und es kann auch nicht zu 100 % autark lauffähig sein. Die hierzu notwendigen Kosten würden vermutlich die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der Gemeinschaft der Funkamateure bei Weitem sprengen. Das heißt, wir mussten uns Gedanken darüber machen, wie man diese Lösung auch an Orten nutzen kann, die z.B. keinen Hamnet-Zugang haben. Nicht um das Hamnet zu ersetzen oder zu überbauen, sondern um das Hamnet temporär in Regionen zu erweitern, wo es bisher nicht ist. Hier half uns eine Entwicklung von Funkamateuren aus den USA. Diese haben für Wi-Fi-Router von Ubiquiti und Mikrotik (zwei große Hersteller) eine eigene Firmware entwickelt, explizit mit dem Hintergedanken der Vernetzung in Not- und Katastrophenfällen.

Schnell zeigte sich aber, dass diese Technik zwar funktioniert, aber man eine gesunde Portion IT-Sachverstand benötigt, um diese Technik auch sinnvoll einsetzen zu können. Das können wir aber bei normalen Funkamateuren nicht als Voraussetzung sehen und daher mussten wir hier erneut überlegen, wie wir diese Technik insgesamt so einfach gestalten, dass es auch einem Funkamateure, der kein IT-Experte ist, möglich wird, eine Linkstrecke aufzustellen und in Betrieb zu nehmen. Hierein ist in den letzten Jahren sehr viel Energie und Kreativität geflossen, die am Ende in bisher drei Modulkoffern endete. Der eine Modulkoffer ist ein Netzwerkknoten, welcher mehrere Richtfunkstrecken verbinden kann. Das zweite Modul ist ein Telefonkoffer, welcher die Schnittstelle zwischen Funkamateur und Drittem bildet und der dritte Koffer ist eine mobile Telefonanlage, um die Telefone auf Basis von Rufnummern zu vernetzen.

Damit sind wir jedoch an dem Punkt, wo wir wirklich einheitliches Material benötigen, damit jeder dieselben Voraussetzungen zur Nutzung und zum Betrieb hat. Es bringt hier nur Nachteile, wenn jeder Funkamateur sich eine eigene Lösung schafft, daher mussten wir einen Weg finden, initial nicht nur genügend Material zu finanzieren, sondern dieses auch zu transportieren. Und zwar erst einmal mit dem Hinblick darauf, diese Technik den Funkamateuren und den Dritten vorzustellen und demonstrieren zu können, damit klar wird, welche Möglichkeiten und Fähigkeiten wir Funkamateure haben. Immer mit dem Hintergedanken, dass es eine der großen Fähigkeiten von uns Funkamateuren ist, komplexe Technik so zu gestalten und zu erklären, dass auch Laien diese bedienen können. Alles mit dem großen Hintergedanken, jemanden zu finden, der uns noch mehr von diesem Material finanziert.

Also haben wir uns überlegt, wie viel Material braucht, es eigentlich initial, um ein komplett autarkes Netz aufbauen zu können und z.B. einen Landkreis oder mehrere Gemeinden (immer bezogen auf bestimmte Standorte und nicht die gesamte Fläche) mit einem Datennetz zu versorgen. Hier kommen dann zügig relativ große Mengen zusammen, aber Material ist immer einfacher zu beschaffen als Helfer und so haben wir initial überlegt, dass man für einen durchschnittlichen Landkreis (keine Landkreise, die so groß sind wie manches Bundesland!) einen Grundstock an Ausrüstung benötigt, der ungefähr wie folgt aussieht:

  • 20 Netzwerkknoten mit jeweils bis zu 4 angeschlossenen Richtfunkstrecken
  • 20 Telefonkoffer mit jeweils einem Telefon
  • 20 Masten für die Richtfunkstrecken (ca. 560 cm)
  • 20 Masten für die Antennen der Telefonkoffer (ca. 200 cm)
  • alle notwendigen Antennen
  • alle notwendigen Kabel
  • alle notwendigen Ladegeräte
  • grundlegendes Werkzeug und Zubehör

Das alles musste in einem Anhänger so verstaubar sein, dass man schnell an das Material ran kommt und es während des Transportes sicher ist. Wir transportieren hier am Ende ca. 24 kWh an Akkukapazitäten und diese müssen im Straßenverkehr absolut sicher sein. Bei der Suche nach einem geeigneten Anhänger gab es dann zwei weitere Einschränkungen, zum einen das verfügbare Budget (es war vierstellig) und zum anderen die Verfügbarkeit von Anhängern auf dem Markt. In einer Zeit, in der jeder Kastenanhänger vom Markt weggekauft wurde, weil sich Leute daraus Wohnwagen selber gebaut haben. Und so kamen wir am Ende bei dem Anhänger raus, welcher es jetzt ist - ein Kompromiss, aber ein Kompromiss, mit dem wir erst einmal leben können.

Der Anhänger wurde von einer Handvoll ehrenamtlicher Helfer komplett entkernt und aufgearbeitet. Dazu zählte nicht nur ein komplett neuer Innenausbau, sondern auch neue Elektrik, ein großer Pufferakku (7.2 kWh), eine neue Beklebung und eine Solaranlage auf dem Dach. Initial war auf dem Anhänger auch ein recht großes Dieselaggregat montiert, dieses haben wir jedoch aus Gründen des Gewichts und der Praktikabilität (Abgase, Abwärme, Treibstoffversorgung etc.) ausgebaut. Stattdessen ist auf dem Anhänger eine Solaranlage mit 1.2kWp und eine externe Einspeisung für 230V vorhanden, welche den Anhänger versorgen können. Aus diesem Akku können auch die Akkus der verladenen Technik gespeist werden und so steht eine relativ autarke "Basisstation" für die Technik zur Verfügung.

Mit diesem Anhänger können wir jetzt das verladene Material zu Terminen, wie z.B. der Vorführung in Mühlhausen (siehe den Beitrag unter www.darc.de/der-club/referate/notfunk/news-service/news/nachricht/news/amateurfunk-als-rueckfallebene-fuer-den-ausfall-anderer-kommunikationsmittel/) oder auch auf Veranstaltungen wie der HAM RADIO oder dem FUNK.TAG bringen und dort zentral ausgeben oder ausstellen.

Das war der erste, zugegebenermaßen sehr lange Artikel zu den Ideen und Techniken hinter der aktuellen Technik im Notfunk. Weitere Beiträge werden in den kommenden Wochen folgen und euch die einzelnen Modulkomponenten detaillierter erklären.

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