Die Idee, Morsetelegrafie in die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes aufnehmen zu lassen, wurde als DARC-Antrag auf der IARU-Region-1-Konferenz 2011 in Sun City in Südafrika einstimmig angenommen. Nachdem der DARC, federführend Johannes Amchewicz, DK8JB, und Thilo Kootz, DL9KCE, im Auftrag der IARU alle Unterlagen erstellt und an die Mitgliedsverbände verteilt hatte, beantragten mehrere IARU-Verbände dies mit den z.T. ergänzten Antragsunterlagen. Unter ihnen waren neben dem DARC auch die UBA (Belgien), die PZK (Polen) sowie die VERON, die nun eine positive Antwort erhielt.
Als immaterielles Kulturerbe bezeichnet die UNESCO kulturelle Ausdrucksformen, die unmittelbar von menschlichem Wissen und Können getragen, von Generation zu Generation weitervermittelt und stetig neu geschaffen und verändert werden, im Gegensatz zu unbeweglichen Bauten und beweglichen Gegenständen (z.B. den bekannten Welterbestätten oder dem Weltdokumentenerbe).
Entscheidung in Deutschland fällt am 12. Dezember
Über den Antrag des DARC e.V. für die Aufnahme in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes entscheidet die deutsche UNESCO-Kommission am 12. Dezember. Der Antragstext liefert eine ausführliche Begründung, warum die Morsetelegrafie diese Anerkennung verdient. Dort heißt es:
„Die Morsetelegrafie (bzw. die Tätigkeit des Morsens) wird heute nur noch im Amateurfunk flächendeckend genutzt. Sie ist definiert durch die Übertragung elektronisch erzeugter Signale nach einem fest definierten Code, bestehend aus langen sowie kurzen Signalen und Pausen. Jeder lateinische Buchstabe sowie Ziffern und weitere Zeichen sind international als eine bestimmte Abfolge von Morsesignalen definiert. Der Buchstabe „A“ entspricht der Kombination eines kurzen und eines langen Signals: DitDah. Die Übertragung kann dabei per Funkwelle erfolgen oder per Kabel. Historisch bedingt, wird in einem Funkkontakt international die englische Sprache genutzt.
Die Entwicklung der Morsetelegrafie – sie war das erste System der elektrischen Telegrafie, das sich durchsetzen konnte – änderte grundlegend das Weltbild der Menschen: Basierend auf dem international gängigen Morsealphabet konnten mittels der Morsetelegrafie Informationen fast zeitgleich mit jedem anderen Ort auf der Erde ausgetauscht werden. Mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert hat die Morsetelegrafie als deren Teilbereich dafür gesorgt, dass die Welt „kleiner“ erschien und Distanzen leichter zu überbrücken waren. Unser gesamtes Informationszeitalter wäre undenkbar ohne die Morsetelegrafie.
Viele Berufe (Telegrafisten in den Telegrafenämtern, bei der Bahn sowie Funkoffiziere im Flugfunk bis 1950, Schiffsfunk bis 1999 sowie als Fernmelde-Einheiten im Katastrophenfall) erforderten Kenntnisse der Morsetelegrafie. Parallel zur kommerziellen Nutzung, vor allem in der Schifffahrt, machten Funkamateure seit Anfang des 20. Jahrhunderts private Sendeversuche mit Morsetelegrafie und kommunizierten damit.
Nachdem Morsetelegrafie aus der beruflichen Sphäre weitgehend verschwunden ist, sind die Aktivitäten und die Experimente der Funkamateure die einzige Möglichkeit, Morsetelegrafie weiterhin zu erleben und unter Anleitung von erfahrenen Funkern selbst zu lernen. Im Amateurfunk werden Regeln und Sprachgebräuche aus der Morsetelegrafie tradiert, dort identifizieren sich die Menschen mit der Kunst der Morsetelegrafie und dort werden Funktion, Bedeutung und Verwendung der Morsetelegrafie für unsere heutige Zeit lebendig vermittelt.
Im Jahr 2003 ist die bis dahin verpflichtende Morseprüfung für die Zulassung zum Amateurfunkdienst vollends abgeschafft worden. Damit waren Funkamateure nicht mehr dazu verpflichtet, Morsen zu lernen. Der Zwang sich damit zu beschäftigen fiel weg. Eine große Anzahl der Funkamateure verfügt zwar weiterhin über die Kenntnisse der Morsetelegrafie – es ist aber zu beobachten, dass die Anzahl der freiwilligen Morse-Prüfungen abgenommen hat und es nun Aufgabe ist, neue Wege zu finden, das Kulturgut Morsetelegrafie zu bewahren, Menschen dafür zu begeistern und sie weiterhin lebendig zu halten“.