Zurzeit handelt es sich zwar „nur“ um einen diesbezüglichen Antrag Frankreichs an die CEPT Vorbereitungsgruppe (CPG19, Conference Preparatory Group und PTA, Project Team A, Untergruppe der CPG19) für die im Oktober 2019 stattfindende Weltfunkkonferenz (WRC-19) im ägyptischen Sharm El-Sheikh. Sollte der Antrag in dieser Form jedoch auf der nächsten CPG19-Sitzung im August in Ankara genügend Unterstützung der 48 CEPT-Mitgliedsstaaten erhalten, hätte er gute Chancen, auch auf die Agenda der übernächsten WRC-23 zu gelangen.
In den vier Jahren bis zur WRC-23 würden dann die Funkverträglichkeitsbedingungen für eine zusätzliche AMS-Zuweisung im Bereich zwischen 144 MHz und 22,2 GHz in ITU-R Studiengruppen detailliert untersucht werden. Ergebnisse zu allen Aspekten dieser Untersuchungen wären ITU-R-Reports und ITU-R-Empfehlungen (Recommendation), die auch im Konsens der 193 ITU Mitgliedsländer zu erarbeiten sind. Diese Dokumente, zusammen mit politischen Bewertungen, werden dann auf der WRC-23 zu einer Entscheidung führen, ob oder wie die ITU Radio Regulations (VO-Funk) in den entsprechenden Frequenzbereichen geändert werden.
Im gesamten Prozess wird die IARU, unterstützt durch regulatorische Experten der Mitgliedsverbände (DARC, RSGB u.s.w.) versuchen, auf die Entscheidungen dieses Prozesses in Sinne des vollständigen Erhalts der bestehenden 2-m-Band-Zuweisung hinzuwirken. Die entsprechenden Kosten dieses Engagements werden durch den Anteil an nationalen Mitgliedsbeiträgen getragen, den jeder IARU-Verband an die IARU überweist.
Allerdings, jetzt ist ein kühler Kopf angesagt: Bekanntlich haben unsere beiden Funkdienste (Amateur und Amateur-Satellite service) im 2-m-Band primäre Zuweisungen. Wie bei jedem anderen der über 40 in den ITU Radio Regulations definierten Funkdienste sind mit einer solchen primären Zuweisung besondere Rechte auf einen störungsfreien Funkbetrieb verbunden.
Es gibt jedoch keine Ewigkeitsgarantie für diese Rechte! Jede WRC ist eine unabhängige Konferenz der ITU-Mitgliedsstaaten, bei der völkerrechtlich verbindliche Vereinbarungen getroffen werden, die im Range eines Staatsvertrags stehen. So wird beispielsweise die auf der WRC-19 im Konsens der 193 Mitgliedsländer beschlossene neue Version der ITU Radio Regulations (VO Funk) die heute gültige Version 2016 und alle vorherigen ersetzen. Die Verwaltung jedes Mitgliedsstaats stimmt am Ende einer WRC formell der verabschiedeten neuen Version zu und veranlasst im nationalen Gesetzgebungsverfahren die vollständige, ggfs. auch teilweise Übernahme aller beschlossenen Änderungen in nationales Recht.
Was unternimmt nun die IARU (DARC, RSGB, NRRL usw.…)? Und was kann jeder einzelne Funkamateur beitragen, dass unser 2-m-Band nicht auf der Liste verbleibt, wenn im Oktober/November die WRC-19 über die Agenda der folgenden WRC-23 entscheidet?
Die IARU arbeitet bereits intensiv daran, bis August dieses Ziel zu erreichen. Dann tagt in der Türkei die Conference Preparatory Group (CPG) der CEPT als letztmalige Entscheidungsinstanz vor der WRC-19. Es hängt letztendlich davon ab, ob sich genügend CEPT-Verwaltungen (48!) in unserem Sinne dagegen entscheiden, den Frequenzbereich 144–146 MHz in den französischen Vorschlag einzubeziehen, bevor dieser zu einem gemeinsamen CEPT-Vorschlag wird. Das Kriterium lautet: Mindestens zehn CEPT-Länder müssen dafür sein, nicht mehr als sechs Länder dagegen.
Hier sind im weitesten Sinne alle Funkamateure gefordert. Es ist besonders wichtig, dass der Amateurfunk mit einer Stimme spricht. Einzelinitiativen, eventuell mit "direkten Drähten" nach Berlin und/oder Brüssel helfen da nicht weiter. Im Gegenteil, sie können massiv unserem Anliegen schaden, weil sie möglicherweise einem systematischen Vorgehen die Wirkungskraft nehmen.
Was wir aber alle tun können: Sicherstellen, dass auf dem 2-m-Band, wie auch auf den anderen Bändern, der Amateurfunk als eine wichtige gesellschaftliche Bereicherung wahrgenommen wird, der seinem gesetzlichen Auftrag (ITU Radio Regulation Artikel 25 und AFuG) angemessen nachkommt. Inhalte und Stil von Amateurfunkaussendungen sollten von einer technischen und operativen Kompetenz bestimmt sein, Aus- und Eigenbildung von Jugendlichen und Erwachsenen hervorheben sowie technische Ideen und Lösungen beinhalten (WSJT, SDR-TRX, OSCAR, DATV, Funkwetter, u.v.a.m.). Nicht zuletzt muss der Notfunk als einzige Kommunikations-Plattform bei Ausfall der öffentlichen Telekommunikation entsprechend herausgestellt werden.
Unterstützen wir deshalb die CEPT-Verwaltungen, die dem Amateurfunk aus diesen und anderen Gründen grundsätzlich positiv gewogen sind. Es ist in unser aller Verantwortung, diese Sympathien mit unseren QSOs auf allen Bändern täglich neu bestätigen. Letztlich wird kein einzelner Kopf darüber entscheiden, wie es mit dem 2-m-Band weitergeht: Entscheidend ist die Gesamtstimmungslage aller Verwaltungen.
Wann immer wir uns im Ringen um den erfolgreichsten Weg auseinanderdividieren (lassen), verlieren wir an Kraft in diesem ungleichen Kampf. Wir haben gerade vor ein paar Tagen wieder vernehmen können, was bestimmten Investoren "1 MHz Bandbreite" wert ist. Unser "Kapital" ist der gesellschaftliche Beitrag zum Einsatz und Vermitteln von technischem Wissen und Begeisterung für die Funktechnik über das gesamte derzeit nutzbare Frequenzspektrum (137 kHz bis 250 GHz). Das hat uns bisher die Privilegien gesichert, um die uns andere Funkdienste nur beneiden.
Auf der letzten PTA Sitzung vom 17.–21. Juni 2019 in Prag wurde dieser französische Antrag bereits ein erstes Mal diskutiert. Das Referat Frequenzmanagement des DARC ist über seine Präsenz und Mitarbeit in der Nationalen WRC-Vorbereitungsgruppe seit Jahren in die Entwicklung der deutschen Position zu Vorschlägen, die Amateurfunkbänder tangieren, eingebunden. Der DARC wurde deshalb vor der PTA-Sitzung von der BNetzA aufgefordert, eine Stellungnahme zum französischen Vorschlag (neben anderen Frequenzbändern neuerdings auch 144–146 MHz bei AMS-Neuzuweisungen zu berücksichtigen) abzugeben.
Die in unserer Stellungnahme aufgeführten Argumente und Bedenken haben zusammen mit weiteren formalen Einwänden der BNetzA dazu geführt, dass sich zunächst nur der deutsche Vertreter gegen die Einbeziehung des Frequenzbandes 144–146 MHz in Studien ausgesprochen hat. Da der französische Antrag sehr kurzfristig vor der Sitzung eingebracht wurde, war es vielen Fernmeldeverwaltungen wohl nicht mehr möglich, eine interne Abstimmung herbeizuführen. Wir brauchen auf der nächsten CPG-Sitzung am 17. August in Ankara noch weitere fünf Fernmeldeverwaltungen (also insgesamt sechs), die gegen das Ansinnen Frankreichs stimmen. Auf der HAM RADIO hat es bereits eine Besprechung aller anwesenden IARU-Mitgliedsverbände hierzu gegeben. Eine gemeinsame Strategie wurde dabei abgestimmt.
Christian Entsfellner, DL3MBG
DARC-Vorstandsmitglied
RTA-Vorsitzender